"Spiel mir das Lied vom Tod":Die Unterwäsche war immer dran

Sergio Leones großer Western ist jetzt auf DVD gebannt. Dort erfährt man zudem noch so Einiges rund um die Genese und die Wirkungsgeschichte der filmischen Preziose.

Andreas Schätzl

Claudia Cardinale stellt es ein für alle Mal richtig: Sie trug für die gesamten Dreharbeiten zu "Once Upon a Time In The West" (dt.: "Spiel mir das Lied vom Tod") stets Unterwäsche. Alles Anderslautende sei "complete nonsense". Basta.

"Spiel mir das Lied vom Tod": Ein Meister an der Mundharmonika ist er nicht - dafür aber mit dem Colt: der namenlose Rächer

Ein Meister an der Mundharmonika ist er nicht - dafür aber mit dem Colt: der namenlose Rächer

(Foto: Foto: Paramount Pictures)

Wahr hingegen sei, dass ihre Liebesszene mit Filmpartner Henry Fonda, der einen abgefeimten Schurken mimt, unter erschwerenden Umständen entstanden sei. Nich nur Fondas Frau, sondern auch noch eine Horde geladener Journalisten sei beim Dreh der Passage anwesend gewesen. Außerdem habe Fonda um jeden Preis darauf bestanden, ihr das Mieder aufzuknöpfen.

Interessant auch, dass sich Fonda zunächst geweigert hatte, den sadistischen Killer darzustellen, er, der bis dato in mehr als drei Jahrzehnten den aufrechten, treuen und moralischen Amerikaner schlechthin verkörpert hatte, bis hin zu Abraham Lincoln. Erst als ihn Kollege Eli Wallach, einer der Stars in Leones Vorgängerwestern "Zwei glorreiche Halunken", begeistert von der Arbeit mit dem Italiener vorschwärmte, entschloss sich Fonda - letztlich ohne verhüllenden Bart und schwarze Kontaktlinsen - zu der Rolle. Sie wurde zu einem seiner größten Erfolge.

Dergleichen Randinformationen finden sich zuhauf auf der soeben veröffentlichten DVD mit "Spiel mir das Lied vom Tod". Es handelt sich um eine digital überarbeitete Widescreen-Fassung im 16:9-Format, die als "Special Collector's Edition" auf den Markt kam. (Für die Freaks gibt es darüber hinaus eine besonders edel verpackte Luxus-Version, unter anderem mit einer echten Mundharmonika.)

Würdige Vorstellung

Paramount Pictures stellten das Opus in gebührendem Rahmen vor: im Carl-Orff-Saal im Münchner Gasteig-Kulturzentrums. Zu den Eingangs-Sequenzen spielte das Symphonische Akademie Patentorchester die berühmtesten Stücke aus Ennio Morricones kongenialem Soundttrack - in Echtzeit, wie das heute so heißt -, samt Mundharmonika-Soli. Die Schauer am Rücken stellten sich umgehend und nachhaltig ein.

Filmexperte und SZ-Autor Tobias Kniebe stellte einige der neuen DVD-Accessoires heraus und auch gleich vor. Er bescheinigte Leone, ein "wahrer postmoderner Filmemacher" gewesen zu sein: Habe er doch gerade in diesem Werk immer wieder andere Western-Filme zitiert, so etwa John Fords "The Iron Horse" von 1924, als die Kamera über den stehenden Zug hinwegschwenke und in die Totale zum "Monument Valley" übergehe, dem berühmten Tal mit den Tafelbergen, das vor allem Fords Western als Kulisse gedient hatte.

Politisch oder nicht politisch?

Zurück zur DVD. US-Schocker-Regisseur John Carpenter weiß es hundertprozentig: "'Spiel mir das Lied vom Tod' ist kein politischer Film, ganz sicher nicht. Wenn man will, kann man natürlich in jeden Film eine politische Aussage hineindeuten - sogar in 'Fog - Nebel des Grauens'." (einer von Carpenters erfolgreichsten Horror-Streifen)

Regisseur Bernardo Bertolucci (der am Drehbuch zu dem Film mitgewirkt hatte) wiederspricht: Damals, 1967, 68, sei alles politisch gewesen. Leone habe sich dieser Lebenseinstellung weder entziehen wollen noch können und sie auch in den Film transportiert. Der sei schließlich eine einzige Kritik an Amerika und seiner vielfach blutigen Geschichte.

Wobei, merkt Filmhistoriker und Leone-Experte Sir Christopher Frayling an, die kritischen "Kinder der 68er-Revolution" trotz aller Skepsis gegenüber der Supermacht Amerika auch bewundert und geliebt hätten - und damit natürlich auch den Film entsprechend zu würdigen wussten.

Im Publikum im Gasteig saßen demnach fast nur Alt-68er.

(sueddeutsche.de)

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