Spanien:Was die Leute hören wollen

Der Katalane Enric Marco hatte sich als Holocaustüberlebender ausgegeben - ein unerhörter Skandal. Über den Hochstapler hat Javier Cercas einen "Roman ohne Fiktion" geschrieben.

Von Ralph Hammerthaler

Spanien: Seine Heimat erkennt er nicht wieder: Der in Barcelona lebende Autor Javier Cercas ist ein scharfer Kritiker der Independentisten.

Seine Heimat erkennt er nicht wieder: Der in Barcelona lebende Autor Javier Cercas ist ein scharfer Kritiker der Independentisten.

(Foto: Joel Saget/AFP)

Als Enric Marco die Präsidentschaft von Amical de Mauthausen übernahm, ließ er nichts unversucht, die Vereinigung bekannt zu machen. Er hielt Vorträge, ging in Schulen, gab unzählige Interviews. Rhetorisch ragte er aus dem Kreis ehemaliger KZ-Häftlinge heraus, und er wirkte beeindruckend, indem er sich auf leidvolle Erfahrungen im KZ Flossenbürg bezog. Etwa 9000 Spanier waren während des Nationalsozialismus in KZs inhaftiert, größtenteils in Mauthausen. Am 27. Januar 2005 gedachte das spanische Parlament zum ersten Mal des Holocausts. Dort soll Marco eine bewegende Rede gehalten haben. Bald darauf, ehe er bei einem Festakt in Mauthausen hätte sprechen können, flog der Schwindel auf: Marco war weder in Flossenbürg noch in einem anderen KZ gefangen gewesen. Er hatte sich alles nur ausgedacht.

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