Sofia Coppolas "On the Rocks":Detektivspiel mit Papa

In Sofia Coppolas "On the Rocks" kommt der Bonvivant Bill Murray seiner Tochter (Rashida Jones) in Ehefragen zu Hilfe. Doch der Witz bleibt aus.

Von Annett Scheffel

Sofia Coppolas Spezialität ist die Sehnsucht: nach etwas, jemandem, nach einer tieferen Verbindung oder einer Ordnung, an die man früher geglaubt hat. Das haben all ihre Hauptfiguren gemeinsam. In diese Reihe passt auch Laura, die abgespannte Schriftstellerin und Mutter aus ihrem neuen Film "On the Rocks". Merkwürdig ist aber der Ort, an den Coppola die Handlung verlegt hat. Denn der liegt nicht in der Fremde, ist auch nicht besonders extravagant: kein Park Hyatt in Tokio, kein Versailler Schloss, keine Paris-Hilton-Luxusvilla.

Laura lebt mit Mann und Kindern einfach in New York. Und hat Beziehungsprobleme. Für eine leichte New Yorker Liebes- und Familienkomöde hat man die Filmemacherin eher nicht im Kopf. Genau das aber ist "On the Rocks". Elegant inszeniert, aber nur mäßig witzig.

Dabei hatte man sich von dieser Wiedervereinigung so viel versprochen: Bill Murray, 17 Jahre nach "Lost in Translation" wieder in einem Sofia-Coppola-Film (nicht mitgezählt: das Netflix-Weihnachts-Special "A Very Murray Christmas"). Der gerade 70 gewordene Schauspieler ist immer noch unverwechselbar in seiner Mischung aus Wehmut und Zynismus. Auch in "On the Rocks" ist er wunderbar charmant, aber nur so gut, wie ihn Coppolas Drehbuch sein lässt.

Die große Konfrontation bleibt aus, alles wird fluffig wegerzählt

Und das ist wenig originell: Murray spielt Felix, Lauras unterhaltsamen, aber achtlosen Bonvivant-Papa. Als eine Reihe von Details auf eine Affäre ihres Ehemannes hinweist, überredet Felix seine Tochter zu einer großanlegten Observation: Die Details werden bei teuren Martinis in schicken Bars ausgeheckt, und zu einer Beschattungsaktion fährt er im kirschroten Oldtimer-Cabrio vor. So wird aus Lauras Lebenskrise immerhin ein spritziges Vater-Tochter-Abenteuer.

Unklar bleibt, was Sofia Coppola hier erzählen will - oder genauer: was sie Neues erzählen will. Einerseits kommt der Film nie ganz in Fahrt, und kein Witz, kein trockener Spruch von Murray zündet. Andererseits nerven die Figuren gewaltig. Die so witzige Rashida Jones kann nichts dagegen machen, dass Laura eine Abziehbild-Großstädterin bleibt: modern, aber auf frustrierende Art passiv, wortkarg und duldsam bis an die Grenzen der Lächerlichkeit.

Und Murray? Man schaut ihm gerne zu, aber einen Mann wie Felix, einen in die Jahre gekommenen Frauenheld, der seiner Tochter rät, sie müsse anfangen zu denken wie ein Kerl, so einen Typen mit Hundeblick und Einstecktuch und verletzlichen Zwischentönen spielt er im Schlaf.

Nicht dass die großen, wiederkehrenden Themen nicht spürbar wären: das Dilemma der Monogamie, der Generationenkonflikt, daddy issues. Ans Eingemachte mag die Regisseurin aber nicht gehen - eine echte Konfrontation bleibt aus. Alles wird fluffig wegerzählt. "On the Rocks" ist wie einer der Cocktails, die Laura und Felix schlürfen, einer mit viel Champagner: Kribbelt nett, ist aber zu dünn.

On the Rocks, USA 2020 - Regie und Buch: Sofia Coppola. Kamera: Philippe Le Sourd. Schnitt: Sarah Flack. Mit: Rashida Jones, Bill Murray, Marlon Wayans, Jessica Henwick, Jenny Slate, Barbara Bain. Verleih: A24, 97 Minuten. (In einigen Kinos, ab 23. Oktober auf Apple TV+).

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: