Süddeutsche Zeitung

Slowenische Band kündigt Nordkorea-Auftritte an:Laibach im Land von Kim Jong Un

Nordkorea ist Tabuland? Für die slowenische Band Laibach offenbar nicht: Die kündigt zwei Konzerte in Pjöngjang an. Was wirklich dahintersteckt, ist unklar.

Von Johanna Bruckner

Die Ankündigung auf der Homepage von Laibach klingt großspurig bis größenwahnsinnig: "First we take Manhattan and then we take Pyongyang!", ist da zu lesen - "Erst nehmen wir Manhattan ein, dann Pjöngjang!". Dazu posten die Musiker aus Slowenien ein Plakat mit akkuraten Soldatenreihen, blutüberzogenen Gebirgsketten (plus Weltkugel, auf der die Kontinente rot eingefärbt sind) und dem Schriftzug "Believe". Aber sollen wir das wirklich glauben - eine europäische Band im am besten abgeschotteten Land der Welt?

Zwei Konzerte kündigt die Gruppe in der Hauptstadt Nordkoreas an, voraussichtlich würden diese am 19. und 20. August stattfinden. Weiter heißt auf der Webseite: "Laibachs Liberation Day Tour überschneidet sich mit dem 70. Jahrestag der Befreiung der koreanischen Halbinsel von der japanischen Kolonisierung und nachfolgenden Trennung in zwei verfeindete Staaten." Die Auftritte seien außerdem Bestandteil einer Dokumentation, die 2016 erscheinen werde.

Die Musik der slowenischen Band, die in wechselnder Besetzung seit 1980 existiert, klingt beim ersten Hören tatsächlich so, als würde sich ein Diktator genau so etwas bei Staatsfeierlichkeiten wünschen: martialische Klänge, dumpfer Bass und knallendes Schlagzeug, zunehmend mit Synthie- und Elektroelementen, oft singt eine tiefe, dräuende Männerstimme (seit 1983: Milan Fras), in jüngeren Aufnahmen auch mal eine Frau (Mina Špiler, seit 2004 in der Band) - wahlweise mit Domina-Duktus.

Anleihen an den Nationalsozialismus sind unverkennbar

Kurzum: Zu Musik von Laibach lässt sich wunderbar marschieren und salutieren. Passenderweise heißt der typische Laibach-Stil "militant classicism". Wer bei manchem Lied die Assoziation zu Rammstein hat, liegt nicht falsch. Und dass nicht nur wegen deutscher Titel ("Wirtschaft ist tot" oder "Das Spiel ist aus"). Die Zeilen sind einfach wie eingängig, mit starker Botschaft.

"Nicht falsch, nicht recht. / Ich sag' es dir, das Schwarz / und Weiß ist kein Beweis. / Nicht Tod, nicht Not. / Wir brauchen bloß / ein Leitbild für die Welt" (aus "Geburt einer Nation").

Till Lindemann selbst sagt, er sei von den Slowenen inspiriert worden - wohl nicht nur in einer Hinsicht. Denn da ist ja auch noch die typische Laibach-Ästhetik.

Die Mitglieder tragen stets Uniform. Anleihen an den Nationalsozialismus, aber auch andere totalitäre (Militär-) Regime sind unverkennbar. Im Webshop der Band, die musikalischer Arm eines Anfang der 80er Jahre gegründeten politischen Kunstkollektivs ist, findet sich beispielsweise eine Seife mit Namen "Schwitz aus".

Laibach sind nicht Dennis Rodman

Dieses Beispiel sei an dieser Stelle nicht angebracht, um Werbung für das Hygieneprodukt zu machen (kostet knapp 15 Euro zuzüglich Versand). Vielmehr zeigt es: Es wäre vollkommen falsch, Laibach wegen ihres Musikstils eine anbiedernde Nähe zu einer Diktatur wie Nordkorea zu unterstellen. Oder gar eine brandgefährliche Naivität, wie sie Ex-Basketballer Dennis Rodman seinem Buddy Kim Jong Un entgegenbringt.

Laibach betreiben schon immer Politkritik, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion zunehmend auch Wirtschafts- und Kulturkritik. Mit den Mitteln des Metal - und bitterböser Ironisierung.

Was das jetzt für die angekündigten Konzerte in Nordkorea heißt? Man würde sich fast wünschen, dass das Regime den Slowenen aufgesessen ist. Höchstwahrscheinlich handelt es sich um einen PR-Coup, doch selbst dann: Diese Band verdient die Aufmerksamkeit allemal. Allein schon wegen ihres großartigen "Life Is Life"-Covers.

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