Céline Dion wurde zuletzt vom Schicksal schwerst gebeutelt. Im Jahr 2016 verstarben innerhalb von zwei Tagen sowohl ihr Mann René als auch ihr Bruder Daniel. Zum Verständnis ihres neuen Albums "Courage" (Sony) ist das wichtig, denn es ist ein hoch betrübtes, irgendwie aber auch sich selbst Mut machendes Chanteusen-Powerpop-Trauer-Album, mit einem Optimismus der Sorte "Ich hab die harte Tour durch die Hölle schon hinter mir, was soll da jetzt noch kommen?" (auf dem Cover brennt die Hölle noch). Was da noch kommt, das ist natürlich strikt Céline-Dion-hafte Übererfüllung sämtlicher Erwartungen an ein perfektes Céline-Dion-Hit-Album. Alles ist da: der Klavierballaden-Kitsch, das Highscore-Songwriting, die geschmacklosen Dance-Attacken, die cinematischen Streicherleinwände, über die die 51-jährige Frankokanadierin ihre vermutlich wirklich Autotune-freie Autotune-Stimme Flügel schlagen lässt. In den Dramaspitzen schmeißt sie den legendären Goldknödel in ihrer Kehle an. "This is the perfect goodbye", singt sie - es fällt einem kein Pop-Album aus der jüngeren Vergangenheit ein, auf dem sich Tod, Verletztlichkeit, Perfektion und Triumph so nah standen. Wobei: 20 Songs sind natürlich viel zu viel. Wer als Hörer zu früh aussteigt, verpasst aber mit "The Hard Way" am Ende den größten Wahnsinn: Schneeprinzessin Céline tanzt dem Teufel auf der Nase herum, im Refrain fährt sie Melodie-Achterbahn bis zum Vertigo, und für die letzte Minute wird dann noch richtig Las-Vegas-Showeffekt-mäßig ein Gospelchor aus dem Bühnenboden gefahren. Wüsste man nicht, dass das Drama so echt ist, müsste man Dion dafür loben, dass sie von Drama wirklich viel versteht.