Süddeutsche Zeitung

Deutscher Buchpreis:Die Shortlist als Globaler Ort

Die verbleibenden sechs Nominierten für den Deutschen Buchpreis zeigen: Man will jünger und weiblicher sein - und auch ansonsten die Gesellschaft besser abbilden.

Von Felix Stephan

Der Jury des Deutschen Buchpreises hat die sechs Titel der Shortlist bekannt gegeben: die Romane "Das flüssige Land", von Raphaela Edelbauer, "Kintsugi" von Miku Sophie Kühmel, "Nicht wie ihr" von Tonio Schachinger, "Herkunft" von Saša Stanišić, "Winterbienen" von Norbert Scheuer und "Brüder" von Jackie Thomae. Vergeben wird der Preis zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse. Dabei fallen verschiedene Dinge auf. Zum einen hat die Jury neuen Stimmen den Vorzug vor etablierten Autoren gegeben. Nora Bossongs viel gelobter Roman "Schutzzone" etwa oder Marlene Streeruwitz' "Flammenwand" galten als Favoriten der Longlist, fehlen jetzt aber auf der Shortlist. Stattdessen haben es gleich drei Debütanten in die engere Auswahl geschafft. Die Hälfte der Shortlist-Autoren wurde in den Neunzigerjahren geboren.

Diese Altersstruktur rückt Themen in den Vordergrund, die in der deutschen Literatur relativ neu sind. In allen nominierten Romanen gehe es "um den Ort der globalen Welt, von dem aus das eigene Dasein zu begreifen ist", so der Jury-Sprecher Jörg Magenau. Vor allem die Identität des Mannes sei problematisch geworden. Vielleicht habe der Generationswechsel damit zu tun, "dass die Jüngeren bei diesen Themen schärfer hinschauen", so Magenau. In der Zusammensetzung der Liste wird außerdem die Ambition erkennbar, die literarische Landschaft in Deutschland in ihrer Gesamtheit abzubilden.

Die Hälfte der Nominierten ist weiblich und wenn man den Anteil der Migrationshintergründe auszählen wollte, geriete man schnell an die Grenzen des Konzepts. Auch das ist eine Leistung dieser Liste. Wäre zum Beispiel Jackie Thomae mitzuzählen, weil sie einen guineischen Vater hat, den sie allerdings erst spät kennen gelernt hat? Oder Tonio Schachinger, der laut Verlagsauskunft in Neu Delhi geboren und in Nicaragua aufgewachsen ist? Das ist eher selten: Schon die Liste selbst erschüttert die Begriffe.

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Quelle:
SZ vom 18.09.2019
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