Shortlist der Leipziger Messe:Kraftlos

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Auffällig viele Bücher aus dem Herbst finden sich auf der Shortlist zum Preis der Leipziger Buchmesse. Dafür fehlt ausgerechnet der beste Roman aus diesem Frühjahr.

Von Christopher Schmidt

Unter den Finalisten für den in drei Kategorien verliehenen und mit insgesamt 60 000 Euro dotierten Preis der Leipziger Buchmesse finden sich diesmal auffallend viele Bücher, die bereits im Vorjahr erschienen sind. Das spricht einerseits für Fairness und Übersicht, andererseits deutet es darauf hin, dass die Jury in der Frühjahrslieferung nicht so recht fündig werden konnte. Druckfrisch ist zwar die Belletristik-Ausbeute mit gleich drei Titeln, die noch gar nicht im Handel sind. Umso sträflicher aber, dass das mit Abstand beste Buch dieses Frühjahrs ignoriert wurde, Jonas Lüschers Debütroman "Kraft", der wie ein stolzer Solitär aus der laufenden Produktion herausragt. Wer aber den stärksten Kandidaten vorzeitig aus dem Rennen nimmt, disqualifiziert sich nicht nur als Jury, sondern verzerrt auch den Wettbewerb und beschädigt seine Teilnehmer, die da heißen: Lukas Bärfuss "Hagard" (Wallstein Verlag), Brigitte Kronauer "Der Scheik von Aachen" (Klett-Cotta), Steffen Popp "118" (Kookbooks), Anne Weber "Kirio" (S. Fischer) und Natascha Wodin "Sie kam aus Mariupol" (Rowohlt).

Unter den Sachbüchern dagegen fällt einzig Klaus Reicherts selbst etwas wolkig-aparter Band "Wolkendienst" (S. Fischer) heraus, im Übrigen geht die Auswahl in Ordnung. Dabei sind: Leonhard Horowski "Das Europa der Könige" (Rowohlt), Jörg Später "Siegfried Kracauer" (Suhrkamp), Barbara Stollberg-Rilinger "Maria Theresia. Die Kaiserin in ihrer Zeit" (C. H. Beck) und Volker Weiß "Die autoritäre Revolte" (Klett-Cotta).

Einen sicheren Griff haben die Preisrichter bei den Übersetzungen bewiesen. Hier konkurrieren Holger Fock und Sabine Müller, die Mathias Énards "Kompass" (Hanser Berlin) aus dem Französischen übersetzt haben, mit Gregor Hens und seiner Übertragung von Will Selfs Roman "Shark" (Hoffmann und Campe). Gabriele Leupold hat Andrej Platonows "Die Baugrube" (Suhrkamp) eine neue deutsche Sprachgestalt gegeben, und Eva Lüdi Kongs erste vollständige Übersetzung des Großromans "Die Reise in den Westen" (Reclam) aus dem Chinesischen ist eine wahre Pionierleistung. Rühmen muss man ebenso Petra Strien, die Miguel de Cervantes' "Die Irrfahrten von Persiles und Sigismunda" (Die Andere Bibliothek) aus dem Spanischen in unsere Sprachgewässer gelotst hat. Die drei Preisträger werden am 23. März zum Auftakt der Leipziger Buchmesse bekannt gegeben.

© SZ vom 17.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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