Serie "Hass auf Kunst":Was soll der Hype um Knausgård und die Beatles?

Karl Ove Knausgård und The Beatles

Karl Ove Knausgård und The Beatles

(Foto: dpa; Collage Jessy Asmus/SZ.de)

Knausgårds Werk reiht Nichtereignisse einer Borderline-Persönlichkeit aneinander. Und die Beatles? Haben wenig makellose Alben und viele nervtötende Songs produziert.

Von Hannes Vollmuth und Julian Dörr

Karl Ove Knausgård

Es gibt viele gute Gründe, einen beliebigen Band des Autors Karl Ove Knausgård zur Hand zu nehmen, hundert Seiten zu lesen und damit zu beginnen, das Buch, das Werk, das ganze Karl-Ove-Knausgård-Gewese entschieden zu hassen.

Da ist zuerst mal die Länge des Knausgård'schen Werks (oder soll man besser sagen: Dicke?). Wer soll das lesen - ganz im Ernst? Ein Regalmeter an Büchern mit Aufzählungen und Aneinanderreihungen von Nicht-Ereignissen einer Borderline-Persönlichkeit ohne Willen zum erzählerischen Konflikt oder zur Dramaturgie? Bezeichnenderweise heißt das Großwerk "Min Kamp" in der deutschen Übersetzung auch nicht "Mein Kampf", sondern "Lieben", "Spielen", "Träumen". Brutal belanglos.

Serie "Hass auf Kunst"

Was soll der Hype? Diesen Satz würde man gern am Mittagstisch, abends beim Bier oder auf einer Party rufen, wenn es mal wieder um den Künstler schlechthin geht. Egal ob er wie Georg Baselitz aus der Hochkultur kommt, oder wie Quentin Tarantino aus der Populärkultur. Um den einen, dessen Werk - Gemälde, Bücher, Alben, Filme - alle bejubeln. Alle, außer man selbst. Aber sich outen und der vorherrschenden Meinung entgegenstellen? Bloß nicht! Denn wer Kunst kritisiert, dem wird schnell vorgeworfen, dass er sie nur nicht verstehe. Banause, halt. Wir wagen uns trotzdem vor: SZ-Autoren setzen sich mit Kunst auseinander, die sie hassen.

Man kennt kaum die Menschen, die das eigene Leben so bevölkern. Warum sollte man dann Monate seines Lebens darauf verwenden, ausgerechnet einen Norweger mit Namen Knausgård kennenzulernen, der einem nur die banale Verrichtung seines Alltags zumutet? Dessen Frau in die Psychatrie gebracht werden musste? Der von sich behauptet: "Tatsächlich hatte ich überhaupt keine Fantasie, alles, was ich schrieb, war eng mit der Realität und meinen Erlebnissen darin verbunden."

Ist es denn wenigstens gut geschrieben? Ähm ... naja. In einem Interview erklärte der Künstler - sich selbst immunisierend - er habe mit Absicht schlecht und nachlässig geschrieben, simpel und spontan, in der Hoffnung, mit diesem Nicht-Stil auf eine höhere Stufe der existenziellen Wahrhaftigkeit zu gelangen. Damit wäre das ja auch geklärt.

Hannes Vollmuth

The Beatles

Bach, Mozart, Beatles. Wenn es um die wichtigsten und einflussreichsten Künstler der Musikgeschichte geht, dann ist immer auch die Rede von vier Arbeiterjungs aus Liverpool: John, Paul, Ringo und George. Der Formatradio-Konsens: Die Beatles haben den modernen Pop erfunden und damit die Welt, so wie wir sie kennen. Mindestens. Alles Quatsch! Wenn überhaupt, kam der Pop aus einem Studio in Memphis gekrochen. Aber zurück zu der Band, die ganz sicher nicht die beste Band der Welt ist.

Wer braucht schon die Beatles, wenn er die Kinks oder die Beach Boys hat? Britischer als "The Village Green Preservation Society" und schöner als "Pet Sounds" wurde Pop nicht mehr. Und wer jetzt davon schwärmt, wie revolutionär und innovativ die Beatles waren, der höre sich bitte die Kunstfälschung "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" an: Sitargedudel und Selbstüberschätzung.

Womit wir beim größten Problem der größten Band aller Zeiten wären: Die Fab Four haben es in ihrem angeblich so wichtigen Mittel- bis Spätwerk nicht geschafft, auch nur ein einziges makelloses Album zu veröffentlichen. Stattdessen produzierten sie einige der nervtötendsten Songs der Musikgeschichte.

Beweise? Bitteschön. Das legendäre Weiße Album? In einer gerechten Welt müsste sich Paul McCartney für "Ob-La-Di, Ob-La-Da" wegen Folters verantworten. Oder für "Wild Honey Pie". Oder für "Helter Skelter" - die Grundlage für Charles Mansons wirre Rassenkriegsfantasien. Aber das kann man Paul jetzt wirklich nicht vorwerfen. All die debilen Kinderreime, die musikalischen Vorschulexperimente und das pfauenstolze Rumgeeiere schon. Paul McCartney, Songwriter aus der Hölle.

Nicht alles war schlecht an den Beatles, es gab sie, die Sympathieträger, die Männer im Schatten. George Harrison, der zweifellos beste Songschreiber der Band. Und Ringo Starr. Langnasen-Ringo, Spätstarter-Ringo, Kinderlied-Ringo ("Yellow Submarine", "Octopus Garden" - noch Fragen?). Schlagzeuger-Ringo, über den ein britischer Komiker einmal witzelte, er sei nicht einmal der beste Schlagzeuger der Beatles. Ringo, dem man wünscht, er möge so lange weitertrommeln, bis er endlich der letzte lebende Beatle sei. Die Pointe hätte er sich verdient.

Ach ja, von wegen Pointe: Das mit Abstand beste, weil makelloseste Beatles-Album ist übrigens "All Things Must Pass". Und das ist ein Solo-Album von George Harrison.

Julian Dörr

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