Schwarzer, Schröder und der Feminismus:Im mörderischen Wettbewerb

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Zwar stimmt es, dass auch in Deutschland die Frauen erst nach dem Zweiten Weltkrieg rechtlich den Männern gleichgestellt wurden, und es war die sozialliberale Koalition in den frühen siebziger Jahren, die mit einer Reform des Ehe-, Renten- und Arbeitsrechts die letzten Relikte einer formalen Ordnung beseitigte, nach der sich eine Frau nur über ihren Ehemann auf die Gesellschaft beziehen konnte. Eine exklusive Errungenschaft des Feminismus hingegen war diese Entwicklung nicht.

Vielmehr blühte diese weibliche Volksbewegung erst auf, als die Politik ihr längst entgegenkam, als die Wirtschaft auf diese Ressource an Arbeitskraft nicht mehr verzichten wollte, als der freie Wettbewerb alle ständischen, geschlechtlichen und kulturellen Unterschiede längst aufzulösen begonnen hatte. Und doch glauben nach wie vor viele Frauen aus der ersten Generation der voll berufstätigen und selbständigen Frauen - und zu ihnen gehört Alice Schwarzer -, dass der gesellschaftliche Wandel, der sich an ihnen darstellt, von ihnen allein durchgesetzt worden sei.

Nicht nur Alice Schwarzer überschüttet nun Kristina Schröder mit Vorwürfen und Einwänden. In ihrer Selbstgefälligkeit und Bosheit mag sie einzig sein, aber sie zieht einen ganzen Schwarm von Politikerinnen hinter sich, die alle finden, Frau Schröder habe nicht nur "keinerlei Verständnis für die historische Bedeutung des Feminismus" (Manuela Schwesig), sondern unterschätze auch nach wie vor die Benachteiligung der Frau, wie sie sich in ungleicher Bezahlung, mangelnder Vereinbarkeit von Beruf und Familie, fehlender Präsenz in Führungspositionen und dergleichen äußere.

Das aber sind zwei sehr verschiedene Dinge: Denn die Politik kann zwar die rechtliche Gleichstellung der Frau durchsetzen. Die gesellschaftliche Gleichstellung aber hat sie nie erreicht, und das beginnt bei der Doppelbelastung durch Familie und Beruf, die ja auch ein, wenngleich wenig erwünschtes Produkt der Emanzipation ist, und endet noch nicht bei den Frauen in den Vorständen. Denn es stimmt nicht, dass die Wirtschaft die Frauen nicht gleichstellt - sie tut es, allerdings kaum nach juristischen Maßstäben, sondern nach ökonomischen, und da fällt der Mutterschutz ebenso in Betracht wie die Fähigkeit, sich im mörderischen Wettbewerb innerhalb eines Vorstands durchsetzen zu können.

In Wirtschaft und Gesellschaft geht es also gerade nicht um Repräsentation - und vor allem darin haben es die Frauen zu etwas gebracht -, sondern um handfeste Interessen. Sie aber werden nicht angenehmer, wenn sie auch von Frauen wahrgenommen werden.

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