Schwabinger Kunstfund:Gurlitt zu Rückgabe von Raubkunst bereit

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Sammlererbe Cornelius Gurlitt meldet sich über seinen Anwalt zu Wort und lässt wissen, er sei "gewillt, sich die Raubkunst-Klagen genau anzuschauen und faire und gerechte Lösungen auszuhandeln". Weiterhin wude bekannt, wer auf Seiten der Taskforce für die Aufklärung der Herkunft des Kunstfundes zuständig ist.

Von Ira Mazzoni und Catrin Lorch

Kommt jetzt Bewegung in den Fall Cornelius Gurlitt? Immerhin scheint der Münchner Sammler erstmals bereit, über die Eigentumsverhältnisse der im November in seiner Wohnung beschlagnahmten Kunst zu sprechen. "Er ist gewillt, sich die Raubkunst-Klagen genau anzuschauen und faire und gerechte Lösungen auszuhandeln", sagte der Münchner Rechtsanwalt Hannes Hartung am Dienstag gegenüber dpa. Was, im Vergleich zur Ansage Gurlitts "Freiwillig gebe ich nichts zurück" vom November auf Kooperationsbereitschaft schließen lässt. Zudem gibt es mit Hannes Hartung, einem Münchner Anwalt für Kunst- und Kulturrecht, nun einen Ansprechpartner für die Öffentlichkeit.

Die Taskforce, so Hartung, habe ihm eine Aufstellung mit Werken zukommen lassen, zu denen es Anfragen von Erben gebe, darunter seien aber nur wenige "mit konkreten Forderungen, die echte Raubkunst beinhalten".

Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Familien jüdischer Voreigentümer zuweilen noch nicht wissen, an wen sie sich mit ihren Bitten um Restitution überhaupt wenden können, da das juristische Verfahren unklar ist. Die Übergabe der Bilder, die zweifelsfrei Gurlitt gehören, werde dagegen gerade geregelt: Man müsse "die Bilder an einen zugänglichen und zugleich sicheren Ort bringen, man kann ihm die Sammlung nicht einfach vor die Tür stellen", so der Anwalt, dessen Kanzlei auch die Stadt München juristisch im Streit um Paul Klees Gemälde "Sumpflegende" vertritt.

Taskforce soll für Aufklärung sorgen

Und noch ein Rätsel wurde gelüftet: Wer nämlich auf Seiten der Taskforce für die Aufklärung der Herkunft des Kunstfundes zuständig ist. Nachdem die Jewish Claims Conference (JCC) und die israelische Holocaust Era Asset Restitution Taskforce (Heart) Mitte Januar ihre Kandidaten für die sogenannte Taskforce bekannt gaben, veröffentlichte jetzt deren Leiterin Ingeborg Berggreen-Merkel die gesamte Liste. Diese liest sich so, als sei es eher darum gegangen, ein internationales Kontrollgremium zu schaffen, denn ein Recherche-Team, das auf Hochtouren arbeiten kann.

Immerhin gehören ihr neben der Wiener Provenienzforscherin Sophie Lillie auch der Projektleiter der "Musées Nationaux Récupération" des französischen Kultusministeriums an. Ohne Hilfe aus Frankreich lassen sich nämlich die verschlungenen Wege der meisten Bilder kaum klären. Auch die Berufung von Heike Impelmann, die beim Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen für Kunstraubfälle zuständig ist, ist sinnvoll.

Meike Hoffmann gehört als Gutachterin der Staatsanwaltschaft Augsburg und Projektkoordinatorin der Forschungsstelle "Entartete Kunst" zum Team, auch wenn ihre Kompetenz in diesem Fall eine eher untergeordnete Rolle spielt. Man kann nur hoffen, dass hinter der Berufung von Uwe Hartmann zum "Wissenschaftlichen Koordinator" der Taskforce all die Wissenschaftler stehen, die in Deutschland tatsächlich Provenienzforschung betreiben. Denn deren Namen fehlen.

Wer wird die Bilder kunsthistorisch erfassen?

Der Taskforce gehören dafür ferner die Direktorin der Provenienzforschungs-Initiative der Smithsonian Institution in Washigton, Jane Milosch, der Leiter der Museumsabteilung von Yad Vashem, Yehudit Shendar und der Kurator für Europäische Kunst am Israel Museum in Jerusalem, Shlomit Steinberg, an. Dieses Museum hatte vor einiger Zeit mit einer Ausstellung zum Kunstraub der Deutschen in Frankreich für Aufsehen gesorgt.

Welchen Beitrag freilich die ungarische Anwältin Agnes Peresztegi, die in ihrer Eigenschaft als Europa-Direktorin der Commission for Art Recovery berufen wurde, zur Aufklärung des Falls beitragen soll, bleibt fraglich. Bedenklich ist die mögliche Verquickung von Aufsichtsfunktion und Interessen bei der Anmeldung von Eigentumsansprüchen. Die Kommission wird abgerundet durch Michael Franz von der Koordinierungsstelle Magdeburg, die auch das Lostart-Register führt. Roland Kempfle gehört als Vertreter der Staatsanwaltschaft Augsburg auch zur Kommission. Doch wer wird die Bilder kunsthistorisch erfassen? Bis heute gibt es böse Falschzuschreibungen und unnötig viele "Unbekannte".

© SZ vom 29.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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