Süddeutsche Zeitung

Schöne Frauen in der Kunst:Eine Frage der Pflege

Auf wie viele verschiedene Arten lässt sich das Haar kämmen? Das Buch "Die gepflegte Frau in der Kunst" zeigt eine Auswahl der Schönsten der Kunstgeschichte.

Burkhard Müller

Auf wie viele verschiedene Arten lässt sich das Haar kämmen? Das Buch "Die gepflegte Frau in der Kunst" zeigt eine Auswahl der Schönsten der Kunstgeschichte. Die Bilder. "Jede Mode ist reizvoll", sagt Baudelaire. Wie wahr dieser Satz ist, erkennt man so recht, wenn man den Band von Karin Sagner in die Hand nimmt. "Schöne Frauen" heißt er; aber was er eigentlich im Schilde führt, erfährt man erst aus dem Untertitel: "Von Haut und Haaren, Samt und Seife - die gepflegte Frau in der Kunst". Text: Burkhard Müller/SZ vom 18.4.2011/sueddeutsche.de/rus Alle Bilder entstammen dem Band "Schöne Frauen. Von Haut und Haaren, Samt und Seife - die gepflegte Frau in der Kunst" von Karin Sagner, erschienen im Verlag Elisabeth Sandmann, München.

Seine Kapitel handeln von der erstaunlichen Plastizität der weiblichen Körperformen im Griff ihrer Epoche, von Frisuren, Schminke, Schmuck und der wechselnden Natur des Bades. Dieses kann ein staubtrockenes sein wie bei den Hühnern - so malt es François Boucher im Rokoko, wo die Morgentoilette im Abreiben mit Tüchern bestand, denn vom vielen Waschen wird die Haut so dünn, und darüber zog man Unterwäsche an, die peinlich rein gehalten wurde, "stellvertretend für den Körper", wie der stets angenehm knappe Begleittext nicht ohne Ironie vermerkt.

Einen wahren Schatz stellen die Bilder dar. Zwar fehlen auch die großen Namen nicht, Botticelli, Rubens, Renoir; vor allem aber lassen die intelligent angeschnittenen und in hoher Druckqualität wiedergegebenen Gemälde eher unbekannt gebliebene Meister (und Meisterinnen) zum Zuge kommen. Nicht der Ruhm interessiert hier, sondern die Frage, auf wie viele verschiedene Arten sich das Haar kämmen lässt.

"Lady Lilith", wie der Präraffaelit Dante Gabriel Rossetti sie sah, striegelt ihre gewaltige Mähne wie eine Loreley aus dem Reich der Kälte, die sich Kämmende bei Louis Anquetin hantiert mit ihrer roten Pracht, als schlüge sie den Schleier der Isis auseinander, während das Selbstporträt der Pariser Exilrussin Zinaida Serebriakova eine muntere junge Frau zeigt, die die Bändigung ihres Pferdeschwanzes als sportliche Aufgabe fasst, geeignet, kräftige Oberarme vorzuführen. Dass die Primaballerina Anna Pawlowa in der Rolle als Sterbender Schwan den Lippenstift anders einsetzt als das Girl aus dem amerikanischen Mittelwesten, das Isabel Bishop 1941 beim Nachbessern des Make-ups ertappt, versteht sich.

Erfreulich hoch liegt die Zahl der Bilder aus dem 20. und selbst 21. Jahrhundert. Sie lassen hoffen auf die Zukunft der figürlichen Malerei. Wie die zwei badenden Damen auf dem Gemälde von Peter Breeden (2000) scheint sie zwar nicht mehr ganz jung und etwas ängstlich, aber lebendig und voller Tatendrang.

KARIN SAGNER: Schöne Frauen. Von Haut und Haaren, Samt und Seife - die gepflegte Frau in der Kunst. Elisabeth Sandmann, München 2011. 151 Seiten, 24, 95 Euro.

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SZ vom 18.4.2011/sueddeutsche.de
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