Scheinselbständigkeit:Goethe-Institute unter Druck

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Wegen des Streits um die rechtliche Stellung vieler Lehrer schließt das Institut keine neuen Verträge ab. Viele Deutschkurse fallen aus.

Von Julia Niemann

Wegen des Konflikts des Goethe-Instituts mit der Deutschen Rentenversicherung um die rechtliche Stellung vieler Deutschlehrer wird das Kursangebot in den deutschen Goethe-Filialen ab sofort erheblich eingeschränkt. In der vergangenen Woche hatte die Deutsche Rentenversicherung dem Goethe-Institut vorgeworfen, viele der beschäftigten Honorar-Lehrkräfte seien scheinselbständig tätig. Das Institut hätte jahrelang versäumt, Sozialversicherungsbeiträge für diese Beschäftigten zu zahlen. Das Goethe-Institut hatte daraufhin angekündigt, keine neuen Honorarverträge mit Lehrkräften mehr abzuschließen.

Die zwölf deutschen Standorte sind unterschiedlich stark von dem Streit betroffen. Beim Münchner Institut hieß es, es würden alle Sprachkurse mit Ausnahme der Intensivkurse vorübergehend ausfallen. Auch in Frankfurt wird das Angebot knapper, man sei "gerade dabei, neue Termine festzulegen". In Düsseldorf wurden alle Nachmittags- und Abendkurse abgesagt. Bei der Goethe-Zentrale in München war man am Donnerstag nicht zu einer Stellungnahme bereit. Man wolle sich erst am Dienstag äußern, hieß es.

Der Deutschunterricht ist eine der Hauptaufgaben des Goethe-Instituts. Im Inland nahmen im Schuljahr 2015/16 rund 38 000 Teilnehmer das Kursangebot wahr. Auch Flüchtlinge nutzen die Sprachkurse.

Der Einstellungsstopp gilt, bis die Prüfung der Rentenversicherung abgeschlossen ist. Das bedeutet, dass neue Verträge nicht abgeschlossen und laufende Verträge nicht erneuert werden. Stellt die Rentenversicherung tatsächlich Scheinselbstständigkeiten fest, muss das Institut Nachzahlungen in größerem Umfang leisten.

Matthias Jung, Vorsitzender des Fachverbands Deutsch als Fremd- und Zweitsprache, sagte der SZ am Mittwoch, es sei niemandem gedient, "wenn durch hohe Nachzahlungsforderungen (...) Kursträger flächendeckend in den Ruin getrieben werden und damit Arbeitsplätze von Angestellten wie Freiberuflern verloren gehen". Vielmehr müsse die seit vielen Jahren anhaltende Situation der Lehrkräfte "im Sinne einer besseren Absicherung bei gleichzeitiger Rechtssicherheit und tragbaren finanziellen Lasten für alle Beteiligten endlich bereinigt" werden. Hier sei der Gesetzgeber gefragt.

© SZ vom 03.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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