Süddeutsche Zeitung

Schauspieler:Jim Carrey

Lange war Jim Carrey in der Versenkung verschwunden. Jetzt gibt es ein Lebenszeichen. Er ist Maler geworden. Aus Liebeskummer.

Von David Steinitz

Spätestens als Jim Carrey für die Komödie "Ace Ventura - ein tierischer Detektiv" aus dem Hintern eines Nashorns kletterte, hatten die sanft unterbeschäftigten Neunzigerjahre ihren Star gefunden. Keiner hatte den klassischen Hollywood-Slapstick besser drauf als er. Dann folgte seine Charakterdarsteller-Phase: Für "Der Mondmann" und "Die Truman Show" bekam er jeweils einen Golden Globe - denn die existenzialistischen Abgründe hinter der Showbiz-Fassade hatte auch keiner so gut drauf wie er.

In den letzten Jahren versank Carrey aber ziemlich in der Versenkung, er hatte ein paar Flops und drehte kaum noch. Und nun: ein Lebenszeichen! Auf dem Videoportal Vimeo hat er den sechsminütigen Kurzfilm "I Needed Color" veröffentlicht, eine kleine Dokumentation, die erklärt, was er so getrieben hat. Nämlich: Malen. Und zwar: fanatisch.

Vor etwa sechs Jahren erwischte ihn nach einer Trennung ein heftiger Liebeskummer, dazu kam ein besonders grauer New Yorker Winter - und den deprimierten Carrey verlangte es nach einem Farbrausch, um sein gebrochenes Herz zu heilen: "Als ich anfing zu malen, war ich so davon besessen, dass es bei mir daheim bald keinen Platz mehr gab, um sich zu bewegen. Überall standen Bilder, sie wurden Teil der Einrichtung. Ich habe mich zum Essen sogar auf sie draufsetzen müssen."

Seitdem zeichnet der mittlerweile 55-Jährige die Tage und die Nächte am liebsten durch. Die Dokumentation zeigt ihn um fünf Uhr morgens in seinem riesigen Atelier, ein schlabbriges, verschmiertes Basquiat-T-Shirt am Körper, das Gesicht etwas faltiger, müder und stoppeliger als früher, die Haare genauso wirr zerzaust wie in seinen besten Filmen.

Er quetscht an Farbtuben herum, springt über seine Bilder, benutzt den Pinsel fast schon als Kriegsgerät und modelliert, wenn Zeit bleibt, zwischendrin auch mal ein kleines Figürchen. Aber vor allem malt er neonfarbene Collagen in grellem Grün, Gelb und Rot, er malt Jesus als in Flammen stehende Pop-Ikone, er malt brennende und glühende Herzen, ohne sich für Kitsch zu schämen, im Gegenteil. Die Bilder sind als purer Kitsch konzipiert, sie schreien und hampeln und verzweifeln genauso stoisch, wie Carrey es als Komiker immer getan hat.

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Quelle:
SZ vom 12.08.2017
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