Schauplatz Bischkek:Darauf ein Gläschen Stutenmilch

Einst trug Kirgistans Hauptstadt den Namen eines Generals. Seitdem ist nicht nur der Espresso besser geworden.

Von Lea Deuber

Den Ruf eines grünen Paradieses hatte Bischkek schon zu Zeiten der Sowjetunion. Nun, fast 30 Jahre nach dem Zusammenbruch, erwacht der Frühling in der kirgisischen Hauptstadt mit dem gleichen Optimismus wie damals, als die Stadt noch nach dem sowjetischen General Michail Frunse benannt war. Das mächtige Tian-Shan-Gebirge liegt so nah, dass die Berge in der Stadt wie vorbeiziehende Schiffe wirken. Von dort donnert das Wasser durch das zur Sowjetzeit errichtete Kanalsystem und versorgt die Parks der Stadt. Früher ließen sich die Grünanlagen mit Schleusentoren fluten. Heute unterstützen Sprinkler.

Der Tschingis-Aitmatow-Park - benannt nach dem bekanntesten Schriftsteller des Landes -, ist die älteste Grünanlage Bischkeks. Unweit des Platzes Ala-Too ist er seit jeher ein Ort der Revolution und des Widerstands, wenn auch heute mehr Schauplatz für Kunst und Kultur. Bischkeks erstes Kino liegt schräg gegenüber einer überdachten Passage, in der Künstler ausstellen. Auf den meisten Werken jagen Reiter umher. Am Straßenrand verkaufen ältere Frauen Stutenmilch. Sie konkurrieren mit jungen Baristas, die ihre Bullis zu fahrenden Cafés umgerüstet haben.

Die ersten Eichen pflanzte der Botaniker Alexej Fetisow 1890. Seit dem Symposium der Allunionsskulpturen 1984 ist der Park ein Freilicht-Skulpturenmuseum. Die Figuren wurden zu Ehren des 60. Jahrestags der Kirgisischen Autonomen Region aus der ganzen Sowjetunion hergeschafft. Seitdem hatte die Ausstellung keinen Tag geschlossen. Selbst während des kirgisischen Winters, bei dem die Temperaturen auf minus 20 Grad oder tiefer sinken, erwarten Karl Marx und Friedrich Engels an der Nordseite des Parks Besucher. Die meisten Metallskulpturen haben die Neunzigerjahre nicht überstanden. Übrig geblieben sind Steinfiguren, die zu schwer und wertlos sind, um sie zu stehlen. Andere sind dem Zeitgeist zum Opfer gefallen. Die Statue von Felix Dserschinski, Gründer des sowjetischen Geheimdienstes, musste einer Freiheitsstatue weichen. Viele Steinkunstwerke sind verwittert. Deutlich zu erkennen ist noch der stolze Blick von Kurmanjan Datka, der Königin der Berge. Sie hatte im 19. Jahrhundert den Friedensvertrag mit Russland ausgehandelt. Dahinter reihen sich Büsten von Politikern der jüngeren Geschichte, die in der einzigen Demokratie Zentralasiens allerdings meist nur eine kurze Halbwertzeiten haben.

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