Schauplatz Berlin:An der Clubtür - Terror der Exklusion?

Eine Gruppe schwarzer Frauen wurde in Berlin bei einer "Beyoncélicious"-Party abgewiesen. Nun diskutierten Berliner Clubmacher und Türsteher: Ist die Szene vielleicht doch rassistisch?

Von Jan Kedves

Wer darf in Berliner Clubs mit wem feiern, und sind die Türsteher der Clubs möglicherweise rassistisch? Die Frage muss neu gestellt werden, seit sich die Stadt durch den Zuzug von College-Kids, Refugees und Bausparern aus Schwaben wächst, womit sich auch die Schlangen vor den Clubs diversifiziert haben. Am Mittwoch sollte beim Festival "Reclaim The Beats" in Neukölln diskutiert werden. Die Kulturmanagerin Roberta Jordan hatte zwei versierte Gäste eingeladen: Cetin Sahin, den Organisator der beliebten "Techno-Türken"-Parties, und den Türsteher Smiley Baldwin, der lange vor dem legendären "Cookies" selektierte. Wobei die beiden vielleicht doch nicht ganz die Richtigen waren, denn der von Jordan mehrmals angesprochene Aufhänger zur Diskussion war ein Ereignis vor dem Neuköllner Club "SchwuZ" vor einigen Wochen, bei dem weder Baldwin noch Sahin zugegen waren.

Eine Gruppe schwarzer Frauen wollte zur "Beyoncélicious"-Party. Warum kamen sie nicht rein?

Was war passiert? Eine Gruppe schwarzer Frauen wollte zur "Beyoncélicious"-Party. Sie standen auf der Gästeliste, wurde an der Tür aber abgewiesen mit Verweis auf Überfüllung. Sie stellten sich hinten an, nach einer Weile kam wieder Bewegung in die Schlange, doch auch als die Frauen zum zweiten Mal vor der Tür standen, kamen sie nicht rein. Das ist die extrem verkürzte Version dessen, was auf Facebook und in Artikeln online nachzulesen ist. Zwischenstand jedenfalls: Die Frauen haben einen Forderungskatalog ans "SchwuZ" geschickt (auch online), in dem sie dem Club erklären, wie er seinen Selbstanspruch retten könne, ein nicht-rassistischer, nicht-sexistischer Ort zu sein.

Die Frage von Roberta Jordan lautete denn auch, ob eine Clubtür ein "safe space" sein könne, wo niemand Diskriminierung befürchten müsse. Wobei das schon extrem kompliziert ist: Geht es bei der Türselektion darum, den Club drinnen zu einem sicheren Ort zu machen - für sexuelle und/oder ethnische Minoritäten, für spezialisierte Musikgeschmäcker und so weiter -, dann kann die Tür draußen wohl kaum ebenfalls ein "safe space" sein. Nur: Wo fängt die Diskriminierung an, wenn es heißt: "Sorry, heute leider nicht"? Sicher dann, wenn eine Person das immer und immer wieder hört.

Smiley Baldwin, das stadtbekannte Gegenstück zu Sven Marquardt, dem Klingonen vor dem Berghain, gab interessante Einblicke in seine Arbeit. Ein schwarzer Ex-G.I., der diverse Deeskalations- und Muskel-Trainings hinter sich gebracht hat, in seinem Job aber trotzdem schon Zähne lassen musste und aus einer Konfrontation mit BFC-Hooligans fast nicht lebend herauskam. "Ich bin schon alles Mögliche genannt worden: Rassist, Antisemit, Sexist. Immer bin ich freundlich geblieben und habe gelächelt", sagte Baldwin.

Dass er sich auf Fragen nach strukturellem Rassismus nicht recht einlassen wollte und das Nachtleben als "Inszenierung" beschrieb, die man nicht allzu ernst nehmen solle, war einigen der Zuhörerinnen, die sich wohl eher Strategien erhofft hatten, wie man schwarzen Menschen das Reinkommen in Clubs garantieren könne, zuviel. Sie verließen den Raum. Auch eine Türpolitik.

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