Schau:Aus der Zwischenphase

Lothringer 13 Debütanten Kunstakademie

Diesen "Dreibeiner" hat Thomas Breitenfeld geschaffen.

(Foto: Lukas Loske)

Die Debütanten-Ausstellung der Kunstakademie

Von Jürgen Moises

Was ist deutsche Leitkultur? Zunächst Mal ein wieder aufgewärmtes Wahlkampfthema, für das der Innenminister das Rezept geliefert hat. Aber ob die genannten Zutaten wirklich Identität stiften? Dazu hätte man vielleicht die Leiter des Club Transatlântico in São Paulo befragen sollen. Das ist einer der wenigen verbliebenen deutschen Business-Clubs in Brasilien, den Frauke Zabel entdeckt und in einem Video zum Thema gemacht hat. Dort wird das "Deutschsein" beispielsweise über Skat- und Kegelabende gestiftet.

Im Video sieht man die Kegelbahn des Clubs inklusive ihrer Mechanik, die, so Zabel, das bedrohte "Spiel am Leben hält". Denn der Club steht möglicherweise vor der Schließung. Zu sehen ist das Video in der Debütanten-Ausstellung der Akademie, die in diesem Jahr erstmals in der Lothringer 13 und damit außerhalb der Akademieräume stattfindet. Was schon mal den Vorteil hat, dass auf konzentriertem Raum neben unterschiedlichen Persönlichkeiten mit Video, Fotografie, Malerei, Objektkunst und Performance auch verschiedene Medien aufeinander treffen.

Auch Hiba Alansaris Objekte und die zugehörige Performance basieren auf einer Reise. Die junge Syrerin ist 2014 in die syrische Stadt Kafrenbel gereist und hat in einem verwaisten Raum ein zerschlissenes Mathematikschulbuch gefunden, das, wie sich herausstellte, einem durch eine Bombe getöteten, 12-jährigen Mädchen gehörte. In der Galerie sieht man das Buch zusammen mit einem Fotobuch von Alansari, dessen Bilder "Rechenaufgaben" zeigen, welche die Künstlerin aus Küchenutensilien zusammengesetzt hat. In ihrer Performance tauchen die Küchenutensilien ebenfalls auf, zusammen mit selbst gebastelten schwarzen Schultafeln.

Eine Art Gegenstück finden Alansaris schwarze Tafeln in Ivo Ricks "Design-Objekt". Das liegt aus Holzplatten zusammengesetzt, weiß, glatt und mit zwei Griffen am Boden. Seine Funktion? Keine konkrete, sondern eher die, bestimmte Designvorstellungen zu karikieren. Als funktionsloses Design ist Ricks Objekt ein seltsames Zwitterwesen, was auch für andere Arbeiten der sehenswerten Debütanten-Schau gilt. Vielleicht, weil man auch als diplomierter Künstler in einer Zwischenphase steckt? Transformationen in der Natur machen etwa Liane Klinger und Sophie Schmidt zum Thema; Lea Kühne beschäftigt sich mit der Grenze zwischen Körper und Geist, während Thomas Breitenfeld eine dreibeinige Holzskulptur kreiert hat, die trotz ihrer extremen Bearbeitung sehr organisch wirkt, und mit ihren vielen Zahnstochern als Dübeln auch ein klein bisschen gefährlich.

Debütanten 2017, bis zum 17. Juni, Lothringer 13 Halle, Lothringer Straße 13

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