So sakral, ernst und (text-)gläubig wie in diesem Jahr ging der Salzburger „Jedermann“ schon lange nicht mehr über die Bühne. Selbst bei Christian Stückl, dem Theaterfachmann fürs Katholische, war das unerschütterliche „geistlich Spiel“, das alljährlich das Schauspielprogramm der Salzburger Festspiele eröffnet, dereinst kritischer angelegt, zweiflerischer, längst nicht so bekehrungsoffensiv. Robert Carsen, der Regisseur der Neuinszenierung, ist unbelastet von vorhergehenden „Jedermann“-Interpretationen und -Diskussionen, er blickt von außen auf den Stoff und begeistert sich für das historisch Gegebene: den von vielen wegen seiner Knittelverse gering geschätzten Text von Hugo von Hofmannsthal (Carsen ist als Opernregisseur erklärter Hofmannsthal-Fan, kennt und liebt dessen Libretti) und den Schauplatz des Geschehens vor dem Salzburger Dom. Auf beiden liegt in dieser Inszenierung der Fokus. Carsen nimmt das Stück so feierlich beim Wort wie beim Ort.
Salzburger FestspieleVoilà, der Jedermann der Herzen ist da
Lesezeit: 5 Min.

Robert Carsen präsentiert seine Neuinszenierung von Hugo von Hofmannsthals „Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ – mit einem erstaunlich leisen Philipp Hochmair und dem Dom in der Hauptrolle.
Von Christine Dössel
Lesen Sie mehr zum Thema