Fünf Tage dauern die Salzburger Festspiele noch an. Neben allen rein künstlerischen Aspekten, zu denen sehr viele beglückende Momente gehören, kann man eines sagen: Das Wagnis glückte bislang. Die Festspiele wurden allgemein als Testfall angesehen, wie man in Zeiten von Corona auch größere Zuschauermengen, konkret bis zu 1000 in den Opernaufführungen, zulassen und dennoch auf maximale Sicherheit achten kann. Auch wenn die Leitung der Festspiele diese Vorreiterrolle gar nicht betonen wollte, sondern eher auf eine möglichst angstfreie Herstellung von Kunst und den Schutz der Besucher Wert legte, ist die positive Strahlkraft enorm.
Tausende Tests wurden an Künstlern und Mitarbeitern durchgeführt, ein einziger war positiv. Und dies war im Vorfeld der Festspiele, im Juli, und betraf eine freie Mitarbeiterin in der Administration. Die Zuschauer benahmen sich zudem äußerst diszipliniert, viele behielten auch während der Vorstellungen die Maske auf. Der Ablauf funktionierte reibungslos. Wie übrigens auch in Bregenz.

Salzburger Festspiele:Fingerflink und kraftvoll lyrisch
Matthias Goerne und Jan Lisiecki bieten einen Beethoven-Liederabend, wie man ihn lange nicht gehört hat.
In Bayern beginnt am 1. September die Saison der Bayerischen Staatsoper mit der Premiere von Marina Abramovićs "7 Deaths of Maria Callas". Hier, wie auch in anderen Bundesländern wie etwa Baden-Württemberg, gilt heute noch eine Obergrenze von 200 Besuchern in geschlossenen Räumen. Von der Abramović-Produktion sind fünf Aufführungen geplant. Nach heutigem Stand könnten 1000 Leute diese sehen. So viele waren in einer einzigen "Elektra"-Aufführung in Salzburg.
Die Menschen gieren trotz allen Einschränkungen nach Kunst
Doch es gibt zarte Hoffnung. Selbst Bernd Sibler, der Bayerische Kunstminister, erspürt eine positive Tendenz nach oben. Das ganze Wochenende wurde in der Bayerischen Staatskanzlei diskutiert, die Gespräche sind noch nicht abgeschlossen. Aber wenn nun sogar Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Hygienemaßnahmen vertraut und zusammen mit seinem österreichischen Amtskollegen Alexander Van der Bellen Vorstellungen in Salzburg besucht, wie sollte da der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder noch zaudern? Es geht ja nicht um Normalzustand, sondern nur um eine sorgfältige Abwägung, mehr zuzulassen. Das Münchner Nationaltheater fasst 2100 Zuschauer, in ganz Deutschland stehen viele Häuser und Säle ähnlicher Größe bereit. Für 200 Menschen am Abend?
Die Frage, wie man die Kunst selbst herstellt, ist eine andere. Man wird spüren, dass ein Repertoirebetrieb sich von der Blase eines Festivals unterscheidet, auf der Bühne nicht alles möglich ist. Aber die Menschen gieren nach Kunst, erfreuen sich daran, bei allen Einschränkungen. Erlaubt ihnen diese Freude!