Er bleibt verschwunden. Jede Spur fehlt vom "Salvator Mundi", dem Gemälde, das 2017 für insgesamt 450,3 Millionen Dollar als angebliches Werk Leonardo da Vincis in New York versteigert wurde. Längst hätte die Holztafel im Louvre Abu Dhabi zu sehen sein sollen, doch das Museum schweigt. Dabei hatte die Institution einige Zeit nach der Auktion selbst via Twitter gemeldet, das Bild werde in dem Haus ausgestellt. Und der oberste Kulturfunktionär in Abu Dhabi, Mohamed Khalifa al-Mubarak, sagte, das "Meisterwerk zu zeigen" sei Abu Dhabis "Geschenk an die Welt".
Zwischenzeitlich soll die Tafel zur Begutachtung in der Schweiz gewesen sein, wie eine frühere Restauratorin vom Hörensagen berichtet. Unklar sind auch die Besitzverhältnisse; ob das Bild als Spende, Ankauf oder Leihgabe nach Abu Dhabi kommen sollte, bleibt im Dunklen. Dokumenten zufolge, welche der New York Times vorliegen, war der Käufer wie vermutet Prinz Badr bin Abdullah bin Mohamed bin Farhan al-Saud, ein Vertrauter des saudischen Kronprinzen Mohamed bin Salman al-Saud. Offenbar handelte er im Auftrag des Prinzen, der danach Abu Dhabi das Werk versprochen haben könnte.
Die Herkunftsgeschichte der Tafel ist voller Lücken
Niemand der Beteiligten, auch nicht der Louvre Abu Dhabi oder das Pariser Mutterhaus, äußert sich offiziell. Dies lässt vermuten, dass der Streit darüber, was an dem Gemälde überhaupt aus der Renaissance stammt (es ist stark restauriert) die beiden Museen erreicht hat. Etliches spricht zudem dagegen, dass Leonardo da Vinci an dem Bild beteiligt war. So berichten seine Zeitgenossen und er selbst nichts von einem solchen Bild, nur zwei seiner Gewandstudien lassen sich vage mit dem Motiv assoziieren, die Herkunftsgeschichte der Tafel ist voller Lücken.
1958 hatte der Möbelhändler Warren E. Kuntz die Tafel noch für 45 Pfund ersteigert. Wie der Kunsthistoriker Frank Zöllner in der Zeit berichtet, war auf der Auktion auch der Leonardo-Kenner Sir Kenneth Clark zugegen. Ein Original Leonardos wäre ihm kaum entgangen. 2005 sollen die Nacherben von Kuntz das Bild sogar Christie's angeboten haben, wie das Wall Street Journal schreibt - zur Auktion kam es damals aber bei einem kaum bekannten Auktionshaus in New Orleans. Zu diesem Zeitpunkt galt das Bild noch nicht als eigenhändig. Sein Ruhm als vermeintliches Original Leonardos könnte wieder vorbei sein, wenn das Bild doch noch auftaucht und beurteilt werden kann.