Russland:Bald entlastet?

Theaterregisseur Serebrennikow wird 50

Der Theaterregisseur Kirill Serebrennikow, hier bei einem Gerichtstermin in Moskau im April 2019, könnte bald vom Vorwurf der Untreue entlastet sein.

(Foto: dpa)

Die Moskauer Justiz stärkt den Regisseur Kirill Serebrennikow, in dem sie das Untreue-Verfahren gegen ihn an die Staatsanwaltschaft zurückgibt. Der Mann darf nun wieder reisen, viele rechnen mit seiner baldigen, vollständigen Rehabilitation.

Von Silke Bigalke, Moskau

Die Richterin hat sich geweigert, ein Urteil zu sprechen, nachdem sich der Fall nun schon mehr als zwei Jahre zieht. Sie entschied, dass es Widersprüche gebe in der Anklage gegen den russischen Regisseur Kirill Serebrennikow und seine Kollegen. Deswegen könne die Sache so nicht vor Gericht behandelt werden, stattdessen gab sie alles an die Staatsanwaltschaft zurück. Ein Freispruch ist das nicht. Der Staatsanwalt kann Einspruch gegen die Entscheidung einlegen, er kann weiter ermitteln lassen und versuchen, die Widersprüche aufzulösen. Vielleicht aber ist die Entscheidung der Richterin ein Hinweis darauf, dass der Fall nun still und leise beerdigt wird.

Kirill Serebrennikow jedenfalls darf sich wieder völlig frei bewegen. Am Donnerstag feierte sein neues Stück "Die Henker" am Gogol-Zentrum Premiere. "Kommen Sie", sagt er zu den wartenden Journalisten, als er am Mittwoch vor dem Moskauer Meschtschanski-Gericht ins Auto stieg. Bereits im April ist er nach 20 Monaten aus dem Hausarrest entlassen worden, seither kann er in Moskau wieder ungehindert arbeiten. Nun darf er auch ohne Einschränkungen wieder verreisen.

Serebrennikow und vier Mitangeklagten war vorgeworfen worden, sie hätten Gelder des Kulturministeriums veruntreut. Das Ministerium hatte ihr Theaterprojekt "Plattform" von 2011 an mit etwa drei Millionen Euro gefördert. Mehr als 1,8 Millionen Euro, so der Vorwurf, hätten die Angeklagten für sich selbst abgezweigt. Schlimmer noch: Der Staatsanwalt warf ihnen vor, die Theater-Plattform nicht geschaffen zu haben, um wirklich Theater zu machen, sondern nur, um sich zu bereichern. Dabei hatte es ja nachweislich Theateraufführungen gegeben, begeisterte Rezensionen und Preise für das Projekt.

Im April beauftragte das Gericht eine zweite Expertengruppe damit, dessen Finanzen zu prüfen. Das Ergebnis im August entlastete die Angeklagten: Demnach hatten sie weit mehr für Theateraufführungen ausgegeben, als sie insgesamt von der Regierung erhalten hatten. Man dürfe sicher sein, schrieb nun der Anwalt Pawel Tschikow, Leiter der Menschenrechtsgruppe Agora, dass der Fall "nicht ins Gericht zurückkehren wird".

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