Rundfunkgebühr:Machtkampf um 21 Cent

Das Hickhack um die Festsetzung der Rundfunkgebühren hatte das Bundesverfassungsgericht eigentlich schon vor mehr als zehn Jahren durch eine klare Regelung beendet - bei einer Neuverhandlung in Karlsruhe hoffen die Länder trotzdem auf Änderungen.

Helmut Kerscher

Es wird ziemlich eng hergehen an diesem Mittwoch im Bundesverfassungsgericht. Für den Sender-Länder-Streit um die Rundfunkgebühr von derzeit 17,03 Euro pro Monat haben sich so viele Verhandlungsteilnehmer angemeldet wie kaum je zuvor in der Geschichte des Gerichts.

Das liegt weniger an den drei öffentlich-rechtlichen Klägern - der ARD mit ihrem Vorsitzenden Fritz Raff an der Spitze, dem ZDF mit Intendant Markus Schächter und dem Deutschlandradio mit Intendant Ernst Elitz.

Sehr viele Plätze braucht die Gegenseite der 16 Landesregierungen, angeführt von dem rot-schwarzen Duo der Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD/Rheinland-Pfalz) und Günther Oettinger (CDU/Baden-Württemberg); hinzu kommen die Vertreter der Landesparlamente sowie mehrerer Gremien.

Es geht um Macht

Und alles nur wegen 21 Cent? Weil die Länder die Gebühr vor zwei Jahren um dieses Sümmchen niedriger als empfohlen angehoben hatten? Natürlich geht es um mehr - um viel Geld, um Macht und um die Medienordnung. Eigentlich kann man die Antworten aus Karlsruhe schon alle nachlesen.

In seinem fulminanten Gebührenurteil von 1994 ließ der Erste Senat - unter Vorsitz des späteren Bundespräsidenten Roman Herzog und unter Federführung des berühmten Rechtswissenschaftlers Dieter Grimm - keine Fragen offen: Das Gericht bestätigte Existenz, Programmfreiheit und Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Und es beendete das ewige Hickhack um die Festsetzung der Rundfunkgebühr, indem es ein dreistufiges Verfahren anordnete. Zunächst durften die Sender ihren Finanzbedarf anmelden, am Ende durften die Länder per Staatsvertrag die Gebühren festsetzen.

Dazwischen aber sollte ein unabhängiges Gremium zur zentralen Instanz werden. Die aus 16 Sachverständigen der Länder bestehende "Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten" (KEF) sollte die Höhe der Gebühr jeweils quasi verbindlich berechnen.

Aber dieses "von allen als optimal angesehene Verfahren" (ARD-Prozessvertreter Fritz Ossenbühl) schmeckte den Ländern von Jahr zu Jahr weniger. Sie sahen den "Gesetzgeber zum Notar der KEF degradiert" (Länder-Prozessvertreter Peter M. Huber) und lehnten für 2005 erstmals die ohnehin schon drastisch reduzierte KEF-Empfehlung ab.

Medienpolitische Einschränkungen

Die Länder nannten dafür "Abweichungsgründe", die für sie nach dem Urteil von 1994 eigentlich tabu waren. Denn Karlsruhe legte größten Wert darauf, dass die Gebühr in einem staatsfernen Verfahren "nicht zu Zwecken der Programmlenkung oder der Medienpolitik eingesetzt werden" dürfe.

Genau das aber wollen die Länder nicht einsehen. Sie wollen zwar, wie ihr erfolgreicher Kampf gegen die EU-Kommission für die Beibehaltung der Rundfunkgebühr zeigt, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erhalten.

Aber mit der Gebührenschraube wollen sie ihn zugleich medienpolitisch beschränken, vor allem zugunsten der Privatsender; für 2009 steht gar ein Gebühren-Moratorium im Raum.

Bliebe das Urteil von 1994 bestehen, hätten die Länder keine Chance. Sie hoffen jedoch, dass Karlsruhe seinen Kurs ändert - vor allem seit feststeht, dass es überhaupt dieses Verhandlungsspektakel gibt.

Wie es heißt, wollte der zuständige Richter Wolfgang Hoffmann-Riem schriftlich entscheiden - und damit vermutlich im Sinn der Sender. Möglicherweise führt die von der Gerichtsmehrheit gewünschte Verhandlung zu einem Teilerfolg der Länder.

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