Süddeutsche Zeitung

Rowohlt und "Spiegel" einigen sich:Ruhm kennt keine Sperrfrist

Der Ruhm, der Takt und die guten Sitten: Im Streit um die vorab veröffentlichte Rezension zu Daniel Kehlmanns Roman "Ruhm" haben der Rowohlt-Verlag und der Spiegel sich jetzt gütlich geeinigt.

Seit der Rowohlt-Verlag im Februar den Spiegel wegen Missachtung der Sperrfrist im Fall von Daniel Kehlmanns Roman "Ruhm" verklagte, konnte man mit einem auch literaturkritisch aufschlussreichen Verfahren rechnen. Damit ist es nun vorbei. Man habe sich, teilten beide Parteien am Montag mit, gütlich geeinigt. Damit folgen sie einer Empfehlung des Hamburger Landgerichts. Vor der Veröffentlichung des Buches sei es zu Missverständnissen gekommen, nicht aber zu einer "nachweislichen Rechtsverletzung".

Kehlmanns "Ruhm" kam am 19. Januar in die Buchhandlungen, bereits am 5. Januar war im Spiegel jedoch ein Porträt des Autors erschienen, in dem auch über Aufbau und Stil des Werks ausführlich berichtet wurde. Der Verlag klagte daraufhin. Um Aufmerksamkeit zu bündeln und Rezensionen vor Erscheinen zu vermeiden, hatte er den Rezensionsexemplaren eine Vertraulichkeitserklärung beigelegt, kraft derer sich die Kritiker verpflichten sollten, vor dem Erstverkaufstag keine Rezension zu veröffentlichen.

Bei Verstößen war eine Konventionalstrafe in Höhe von 250 000 Euro vorgesehen. Der Spiegel hatte die Erklärung nicht unterschrieben und argumentierte mit dem Unterschied der Genres: Ein Porträt sei keine Rezension. Das Hamburger Landgericht empfahl bereits im Juni eine gütliche Einigung. Man stehe, sagte der Vorsitzende Richter Michael Perels, der Klage "eher skeptisch gegenüber". Der Spiegel müsse jedoch sein Verhalten "selbstkritisch hinterfragen".

Nun hat Rowohlt die Klage zurückgezogen, und beide Verlage erklärten, "ihre gute und professionelle Zusammenarbeit auch in Zukunft" fortführen zu wollen. Diese Einigung war wohl das Vernünftigste. Das Problem mit den Sperrfristen jedoch bleibt bestehen. Man wird es juristisch kaum regeln können. Richter sollten nicht gezwungen werden, rezensorische Elemente in Porträts zu bewerten. Es geht also in diesem wie in anderen Fällen nicht ohne Takt und gute Sitten.

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SZ vom 18.08.2009/jby/dpa/jeder
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