"Robocop" im Kino:Paranoia wird Realität

Kinostarts - 'Robocop'

Joel Kinnaman als Robocop in José Padilhas Remake des Kultfilms.

(Foto: dpa)

Im "Robocop"-Remake führen Kampfmaschinen 2028 die Kriege der USA an. Ebenso wie das Original ist der Film von Mediensatire durchsetzt - und dem Zuschauer bleibt das Amüsement über die Verteidigung Amerikas gelegentlich im Halse stecken.

Von Doris Kuhn

Paul Verhoeven hat mit "Robocop" die Geschichte vom Roboter erzählt, der das Verbrechen in Detroit eindämmen soll, weil die Menschen, deren Aufgabe das wäre, dem nicht gewachsen sind - oder jedenfalls nicht so effizient wie eine Maschine. In seinem Film wird ein Cyborg erfunden, ein Mischwesen aus computergesteuerter Technik und dem Polizisten Alex Murphy, das im Lauf des Films herausfinden muss, ob es als autonomes Waffensystem wirklich der bessere Gesetzesvertreter ist. "Robocop" gehörte mit "Blade Runner" oder "Terminator" zu den großen Dystopien der Dekade, er wurde ein Klassiker der Science-Fiction. Das war 1987.

Inzwischen, ein paar Kriege später, sind autonome Waffensysteme Teil der Gegenwart. Für ein Remake von "Robocop" hält sich Regisseur José Padilha also nicht mit der Erfindung von Kampfrobotern auf, sondern kommentiert ihren militärischen Einsatz.

Er zeigt, wie die USA im Jahr 2028 wenig zimperlich für Ordnung im Nahen Osten sorgt, in Iran ausgerechnet: Bedrohliche Roboter stapfen von Tür zu Tür, scannen die zivile Bevölkerung und kategorisieren sie als verdächtige oder unverdächtige Subjekte. Dabei stellt Padilha nicht nur eine beiläufige Referenz zu Verhoevens Film her, an dessen Kampfmaschine ED-209 die Roboter hier erinnern, sondern er persifliert die amerikanische Idee, die Einwohner anderer Länder durch ein Friedensdiktat zu kooperativen Untertanen zu machen.

Skrupellose Kampfmaschinen ohne menschliche Fehler

Um aber bei "Robocop" zu bleiben, kehrt der Film nach dieser kurzen Einstimmung zurück nach Detroit. Dort wird der Einsatz von Robotern im Ausland zwar gutgeheißen, vor der eigenen Tür aber, bei der eigenen Polizei, will man nicht so gerne mit Kampfmaschinen konfrontiert werden. Da will man Menschen sehen, auch wenn die Herstellerfirma der Roboter noch so laut beteuert, dass Menschen Fehler machen, Skrupel haben, zu langsam, zu sentimental oder zu korrupt dafür sind, Ordnung und Gerechtigkeit in den Städten Amerikas herzustellen.

Natürlich sind diese Hersteller nicht bereit, auf ihr Geschäft zu verzichten, und in der findigen Marketingabteilung entsteht der Plan, eine Maschine zu entwickeln, die genug menschliche Anmutung besitzt, um ihre künstliche Intelligenz vergessen zu lassen. Was man dafür braucht, sind ein paar Körperteile und ein Gehirn, und das findet man auch hier bei Alex Murphy, dem loyalen Cop, der nach einem nahezu tödlichen Attentat bereit ist für die Wiederherstellung als Roboter.

Gehirnwäsche führt zu gefährlichem Mix

Zu den schönsten Sequenzen von Padilhas Film gehört die sukzessive Gehirnwäsche des Wissenschaftlers Norton, den Gary Oldman einigermaßen nüchtern als einen klassischen Mad Scientist spielt, der ausschließlich zum Wohl der Menschheit beitragen will, dann aber dem Angebot ungezügelter Experimentiermöglichkeiten doch nicht widerstehen kann, obwohl seine Finanziers sichtlich keine sonderlich humanitären Interessen verfolgen.

Oldman also bastelt für die Überreste von Alex Murphy einen stählernen Körper und bemüht sich vorerst, das menschliche Gehirn darin zu unterstützen. Das allerdings läuft dem, wozu ein Roboter-Cop eigentlich nütze sein soll, zuwider. Mehrfach muss Norton die Frage neu überdenken, ob es sich bei dieser Erfindung um Alex Murphy im Innern einer Maschine handeln wird, oder um eine Maschine, die sich für Alex Murphy hält, und die Antworten fallen nicht günstig für Alex Murphy aus.

Einmal werden die Fähigkeiten von Robocop getestet, indem er sich einer Hundertschaft gewöhnlicher Kampfroboter entgegenstellt, und er stapft so siegreich durch sie hindurch als wäre er John Wayne. Aber sogar seiner ungerührten Miene merkt man danach an, dass er noch behaftet ist von dem, was hier als menschlicher Makel gilt - von Emotionen wie Wut, wie Schadenfreude. Dass derart menschliche Unzulänglichkeiten allerdings auch hinter der Programmierung jedes automatisierten Waffensystems stecken, wird dabei stets unterschwellig verhandelt, und Padilha lässt - wie schon Verhoeven übrigens - keinen Zweifel daran, wo er die Gefahren sieht.

Samuel L. Jackson als patriotischer Talkmaster

Letztlich wird die Sentimentalität den Polizisten Murphy und mit ihm die Bewohner von Detroit retten, obwohl das hier nicht nur Befürworter findet. Denn wie das Original ist auch dieses "Robocop"-Remake durchsetzt von Mediensatire, von Einsprengseln einer Talkshow, deren Gastgeber Samuel L. Jackson spielt, manisch von der Frisur bis zur Wortwahl, und der den Zuschauern klarmacht, wo jedermanns Prioritäten bei der Verteidigung Amerikas liegen sollen. Jacksons Show verleiht der alten These, dass Paranoia zur Realität wird, sobald sie in den Medien ankommt, neue Aktualität, und den Film unterlegt sie mit Amüsement, das dem Zuschauer gelegentlich im Hals steckenbleibt.

Robocop, USA 2013 - Regie: José Padilha. Drehbuch: Joshua Zetumer, Edward Neumeier, Michael Miner. Mit: Joel Kinnaman, Gary Oldman, Michael Keaton, Abby Cornish, Jennifer Ehle, Samuel L. Jackson. Studiocanal, 117 Minuten. In deutschen Kinos ab dem 6. Februar 2014.

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