Robert Rauschenberg ist tot:Der Meister der Kombination

Er arrangierte eine ausgestopfte Ziege mit Tennisbällen oder radierte ein gekauftes Gemälde einfach aus - und wurde so berühmt. Wie nun bekannt wurde, starb Objektkünstler Robert Rauschenberg am Montag.

Sarah Ehrmann

Robert Rauschenberg war ein Meister der Kombination. Tennisbälle, Autoreifen, Fahrräder und ausgestopfte Ziegen brachte er auf hintersinnige Weise gemeinsam in seine Werke ein. Anders als andere Materialkünstler verändert er diese materiellen Reste der "realen Welt" jedoch nicht, sondern beließ sie so, wie sie waren. Dadurch habe er die von ihm angestrebte Wiedervereinigung der künstlerischen Bildwirklichkeit mit der Lebenswirklichkeit am besten erreichen können.

1953 hatte Rauschenberg seine Absage an den Abstrakten Expressionismus formuliert, indem er eine farbige Zeichnung Willem de Koonings mit dessen Einverständnis ausradierte. Er nannte es "Erased De Kooning" und verbrauchte dafür 15 Radiergummis. Seine erste Ausstellung bekam Rauschenberg jedoch erst 1958 in der Leo Castelli Gallery in New York für seine Illustrationen von Dantes Inferno. 1959 wurde er auf der documenta in Kassel vorgestellt und auf den Biennalen in Paris und Sáo Paulo. Erst 1963 gelang ihm dann der Durchbruch mit seiner ersten großen Ausstellung im Jüdischen Museum in New York.

Der Objektkünstler hatte wesentlichen Einfluss auf jüngere Malergenerationen und gilt neben seinem Freund Jasper Johns, mit dem er in den sechziger Jahren einige Zeit zusammenlebte, als einer der Väter der Pop-Art. 1964 erhielt er auf der Biennale in Venedig den Internationalen Preis für Malerei; damit begann der Siegeszug der Pop-Art in der Kunst. Maßgeblich von Kurt Schwitters und Marcel Duchamp, aber auch vom Stil des amerikanischen Komponisten John Cage beeinflusst, machte Rauschenberg die Überbrückung der Kluft zwischen Kunst und Leben zum zentralen Thema seiner künstlerischen Arbeit.

Die Malerei, die er virtuos beherrscht, bereicherte der Amerikanier durch Fotos und neue Techniken wie Siebdruck, Umdruck und Durchschreibeverfahren. Bei den "Transfer-Drawings" übertrug er Abbildungen aller Art auf das Zeichenblatt, indem er sie spiegelverkehrt ablöste. Zeitweise näherte er sich - etwa mit seinen Serien der schwarzen und der weißen Bilder - den abstrakten Expressionisten an, ohne jedoch je in ihre meditative Kunstwelt zu passen.

Auch die Fotografie nutzte Rauschenberg konsequent als eigenständiges Medium. 1981 begann er mit seinem größten Projekt, der Gemälde- und Objektcollage "The 1/4 Mile or 2 Furlong Piece". Die Gesamtlänge des kompletten Werks wurde mit fast 400 m Länge angegeben.

In einer der größten Ausstellungen, die jemals in Amerika realisiert wurden, waren im New Yorker Guggenheim-Museum an drei verschiedenen Orten Werke aus dem gesamten Spektrum von Rauschenbergs Schaffen zu sehen. Das MOMA in New York, das Centre Pompidou in Paris sowie das Kunstmuseum im dänischen Aarhus widmeten dem Künstler 2006 große Retrospektiven.

In einem großen Interview zu seinem 80. Geburtstag mit der Zeit , das gab der inzwischen durch einen Schlaganfall halbseitig gelähmte, die Fragen witzig mit Anekdoten parierende Künstler, im Rückblick auf sein Leben wohl die meisten Statements zu seinem Leben und seiner Kunst ab. Er bekannte, Legastheniker zu sein und erzählte von seiner Kindheit und der seiner Kunst gegenüber völlig resistenten Mutter oder seiner besten Kunstkritikerin, der Wüstenschildkröte Rocky, die es sich zwischen seinen Kunstwerken in New York bequem mache. Zu seiner Kunst äußerte sich der permanent fernsehende "Optimist" eher kritisch und ironisch. Er sähe kein Kunstwerk als vollendet an.

Am Montag verstarb der Texaner Robert Milton Ernest Rauschenberg im Alter von 82 Jahren in seinem Haus in Florida. Eine Ausstellung "Travelling" des amerikanischen Malers, Grafikers, Fotografen, Objektkünstlers und Wegbereiters der Pop-Art in den USA läuft noch bis zum 7. September in München.

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