Nachruf auf Robbie Shakespeare:Tektonische Basslinien

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Robbie Shakespeare. (Foto: FABRICE COFFRINI/AFP)

Der Produzent und Bassist Robbie Shakespeare ist tot, der Grace Jones groß gemacht hat und Superstars wie Mick Jagger, Bob Dylan und Madonna das Grooven beibrachte.

Von Andrian Kreye

Robbie Shakespeare ist tot. Jamaikas Kulturministerin Olivia Grange gab die Meldung mit dem Zusatz bekannt, dass sie "schockiert und traurig" sei. Was sicher nicht untertrieben ist, nachdem der Bassist als eine Hälfte des Produzentenduos Sly & Robbie mit dem Schlagzeuger Sly Dunbar die Geschichte der Popmusik von Jamaika aus mindestens so stark umgeschrieben hat wie sein Landsmann Bob Marley.

Shakespeare und Dunbar gehörten in den Siebzigern zum Personal des Channel One Studios, in dem aus der jamaikanischen Popmusik das Weltphänomen Reggae wurde. Ersten Weltruhm bekamen sie (und man muss bei einer so symbiotischen Zusammenarbeit auch im Nachruf nur des einen von beiden schreiben), als sie mit dem Sänger Peter Tosh 1978 im Vorprogramm der Rolling Stones auf Tour gingen. Sie machten sich bald schon als Taxi Gang und Produzentenduo selbständig.

Sein Bassspiel lässt sich nur mit dem Vokabular der Geologie beschreiben

Der englische Produzent Chris Blackwell kannte die beiden natürlich. Der hatte auf seinem Island Label Reggae mit Marley und Toots & the Maytals zum Weltphänomen gemacht. Als es in den Achtzigern Mode wurde, Musikrichtungen aller Art zu kreuzen, erkannte er das Potenzial, die beiden als Anschubhilfe für Popmusik einzusetzen, denen ein wenig Groove fehlte. Der erste Durchbruch kam, als sie für das ebenfalls aus Jamaika stammende Model Grace Jones die Platte "Nightclubbing" produzierten. Was da unter Jones' Eisesstimme aus den Boxen schwoll, hatte eine unwiderstehliche Wirkung, die bis heute funktioniert. Will man Shakespeares Bassspiel beschreiben, muss man schon ins Vokabular der Geologie greifen. Während Anfang der Achtziger die meisten Bassisten mit Daumen und Handballen auf ihren Saiten herumhämmerten, um ihr Instrument möglichst grell klingen zu lassen, drehte Shakespeare den oberen Frequenzbereich einfach raus und erzeugte damit eine geradezu tektonische Wirkung, die erst den Unterleib und dann die Ohren erreichte.

Zusammen mit dem ultraentspannten Schlagzeugspiel von Sly Dunbar prägte er so eine Strömung im Groove der Achtziger. Die beiden waren auch die Ersten, die die neuen Drumcomputer meisterten und einsetzten. Kein Wunder also, dass die Stars buchstäblich Schlange standen, um sich diesen Groove einzukaufen. Mick Jagger, Bob Dylan, Madonna, Britney Spears und Serge Gainsbourg ließen sich von den beiden produzieren oder remixen. Nebenher veröffentlichten sie in ihrer Heimat Reggae-Hits im Akkord. Bei mehr als 30 000 Plattenaufnahmen soll Shakespeare als Bassist, Produzent oder beides gearbeitet haben.

Am Mittwoch ist Robbie Shakespeare in Miami an Komplikationen nach einer Nierenoperation gestorben. Er wurde 68 Jahre alt.

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