Ringo Starr zum 70.:When I'm seventy

Die Musik der "Beatles" ist zeitlos. Ihre Mitglieder sind es nicht. Ringo Starr wird nun 70. Wer war das noch mal? Die Bilder.

Luise Checchin

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(Foto: ap)

Die Musik der Beatles ist zeitlos. Ihre Mitglieder sind es nicht. Ringo Starr wird nun 70. Wer war das noch mal? Die Bilder. Gibt es in den letzten 50 Jahren irgendeinen anderen Rockstar, der so weit gekommen ist und dabei so wenig Ambitionen an den Tag gelegt hat? Man könnte meinen, es reiche aus, ein Beatles-Mitglied gewesen sein, um für die Ewigkeit einen Platz in der Rock 'n' Roll Hall of Fame garantiert zu bekommen. Man könnte behaupten, es gäbe einflussreichere Drummer in der Popgeschichte. Man könnte sagen, es ist keine Leistung, als Vorletzter einer Supergroup überlebt zu haben. Irgendwo zwischen diesen Extremen hat Ringo Starr die Beatles überlebt - mehr oder weniger im Schatten seiner Bandkollegen. Es ist dieses Understatement, gepaart mit einem nach siebzig Jahren immer noch jungenhaft anmutenden Charme, die Ringo Starr so rätselhaft machen. Text und Bildauswahl: Luise Checchin/sueddeutsche.de/rus

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Von aller Welt wird er nur beim Vornamen genannt - und dabei ist es nicht einmal sein richtiger. Ringo Starr kam am 7. Juli 1940 als Richard Starkey zur Welt. Und die Welt interessierte sich anfangs herzlich wenig für den kränkelnden Arbeitersohn aus Liverpool. In bescheidenen Verhältnissen aufwachsend, begann der junge Richard nach der Schule zunächst eine Ausbildung zum Maschinenbauer. Der Erfolg hielt zufällig Einzug in sein Leben. Zu Weihnachten schenkte ihm der Vater ein Schlagzeug - und plötzlich wusste der Sohn, was er wirklich werden wollte: Drummer. Mit siebzehn spielte er in seiner ersten Band, der Eddie Clayton Skiffle Band, zwei Jahre später, 1959, stieg er in die Gruppe Rory Storm and the Hurricanes ein. Dieser heute eher weniger bekannten Kapelle ist es zu verdanken, dass Starr auf drei junge Herren traf, die sein - und indirekt wohl auch das Leben von Millionen musikbegeisterter Menschen - für immer verändern sollten ... Ringo Starr beim Auftaktkonzert seiner Deutschlandtournee 1998 in Stuttgart.

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(Foto: ag.ap)

Bei einem Auftritt seiner damaligen Band in Hamburg machte Starr 1960 erstmals die Bekanntschaft der Beatles, für die zu diesem Zeitpunkt noch Pete Best die Schlagstöcke schwang. Der wurde aber 1962 gefeuert und stattdessen Ringo gebeten, die damals schon erfolgreiche Band musikalisch zu unterstützen - sehr zum Unmut einiger Beatles-Anhänger der ersten Stunde. Doch es sollte nicht lange dauern, bis der passionierte Ring-Träger (daher der Name) die Herzen der Fans erobert hatte. Auch wenn er der Älteste der Fab Four war, hing ihm immer etwas Unschuldiges, Unbedarftes an. Paul, das war der Schwiegermutter-Liebling, John der Coole, George der Gutaussehende - und Ringo Starr eben der Witzbold, der alles nicht so ernst nahm: weder sich selbst, noch die Musik, die er machte. Und für den größten Teil des Beatles-Werkes zeichnen ja in der Tat auch andere verantwortlich. Die Beatles bei einer Pressekonferenz am 22. Aug. 1966 im Warwick Hotel in New York City, v.l.n.r. Ringo Starr, Paul McCartney, John Lennon und George Harrison.

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(Foto: dpa)

John Lennon und Paul McCartney waren die Master-Minds hinter den Beatles-Klassikern. Daneben gab es noch ein wenig Raum für George Harrison, der im Laufe der Zeit seinen eigenen, spirituell angehauchten Stil entwickelte - und schließlich Ringo Starr. Der war eigentlich ganz zufrieden damit, einfach nur den Beat zu liefern. Ab und an komponierte er zwar auch - etwa die Stücke Octopus's Garden oder Don't Pass Me By, doch schrieb er von allen Beatles die wenigsten Lieder. Dafür ließen sich Lennon und McCartney bei fast jedem Album ein Stück für ihren Schlagzeuger einfallen. Freilich zeichneten sich die Ringo-Lieder in der Regel nicht durch ihre Komplexität aus - die Bandkollegen mussten schließlich Rücksicht auf den begrenzten Tonumfang von Starrs Stimme nehmen - aber mit Yellow Submarine oder With a Little Help from My Friends waren dennoch eine Reihe großartiger Stücke dabei. Als die Beatles 1968 ihr Weißes Album produzierten, waren sie so zerstritten, dass Ringo Starr zwei Wochen fernblieb. Da spielte Paul McCartney einfach auch den Part des Schlagzeugers, was den nominellen Drummer restlos ärgerte. Die Beatles 1967.

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(Foto: ag.ap)

Was Starrs Schlagzeug-Spiel angeht, florieren divergierende Meinungen. Muhammad Ali soll behauptet haben, sein Hund spiele besser. Mehrheitlich wird sein Sound jedoch verehrt: Ringo Starr überzeugt nicht zwingend durch technische Perfektion, vielmehr steht er für einen kraftvoll originellen Schlagzeug-Stil. Ab Mitte der sechziger Jahre wurde sein Spiel zudem immer raffinierter, was Phil Collins 1992 in einem Interview für die Fernsehdokumentation The Making of Sgt. Pepper zu dem Ausspruch verleitete: "Ich denke, Ringo wird sehr unterbewertet. Die Drumfills zu A Day in the Life sind überaus komplex. Man könnte heute zu einem Drummer sagen: Spiel mir das genauso - und er würde nicht wissen, was er tun soll." Auch seine Bandkollegen waren von seinen Schlagzeug-Qualitäten überzeugt. George Harrison versicherte 1987 in einem Interview mit der Zeitschrift Guitar: "Ringo könnte der beste Rock-'n'-Roll -Schlagzeuger sein - oder zumindest einer der besten. Er spielt Drumfills, die andere Schlagzeuger, wie Jim Keltner, zum Lachen bringen, weil sie zunächst völlig deplatziert wirken, aber das ist Teil seiner Großartigkeit, das ist reines Gefühl." Undatiertes Bild der Beatles.

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(Foto: ap)

Die Beatles waren für Starr aber immer nur ein Teil seines Lebens. Noch vor ihrer Trennung im Jahr 1970 begann er mit ersten Solo-Projekten. Nach seinen ersten LPs, Sentimental Journey und Beaucoups of Blues, die zwischen verschiedenen Genres wie Country & Western, Rock-Pop, Soul und Blues changierten, überraschte er im Frühjahr 1971 die Kritiker mit der Single It Don't Come Easy, die Platz vier der amerikanischen und britischen Charts erreichte. Zwei Jahre später konnte er den Erfolg mit seinem Album Ringo fortsetzen: Mit Unterstützung von Produzent Richard Perry und kompositorischen Zulieferungen von den anderen drei Ex-Beatles konnte er sogar zwei Single-Auskopplungen auf Platz eins der USA-Charts verbuchen (Photograph und You're Sixteen). Ringo Starr bei einer Nordamerika-Tour 1997 im Moore Theatre in Seattle.

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(Foto: rtr)

Doch so rosig blieb es nicht. 1975 ließ sich Starr nach zehn Jahren Ehe von seiner Frau Maureen Cox scheiden, die er schon seit seiner Kindheit kannte und mit der er drei Kinder hat. Musikalisch konnte er in den folgenden Jahren nicht an seine Erfolge aus den frühen Siebzigern anschließen. Stattdessen mehrten sich in der Presse Gerüchte über Depressionen und Alkoholmissbrauch des Musikers. Erst 1988 besiegte er dank einer mehrwöchigen Entziehungskur diese Dämonen. Danach ging es für Ringo Starr wieder bergauf. Im Herbst 1989 wagte er sich nach langer Abstinenz erstmals wieder auf große Konzertbühnen. Es folgten USA-, Europa- und Welttourneen, bei denen ihn seine All-Starr-Band, zu der unter anderem auch sein Sohn Zak gehört, unterstützte. Mit seiner zweiten Frau, der amerikanischen Schauspielerin Barbara Bach, die er 1981 heiratete, lebt er mittlerweile in Monte Carlo, Los Angeles und London. Ringo Starr mit seiner Frau Barbara Bach am 24. Mai 2010 bei der Chelsea Flower Show in London. 

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(Foto: ap)

Die Musik lässt Starr bis heute nicht los: Dieses Jahr erschien mit Y Not sein erstes selbstproduziertes Album und momentan ist er auf einer Tour durch die USA unterwegs. Selbst an seinem siebzigsten Geburtstag wird er in New York auf der Bühne stehen. Angesprochen auf den Einfluss der Beatles, gibt sich der Musiker erfrischend nüchtern: "Die Beatles gibt es nicht mehr. Die Welt dreht sich weiter, ob mit oder ohne Beatles. Ich glaube nicht, dass wir sehr wichtig waren für die Welt. Wir haben wunderbare Musik gemacht. Das ist alles. Yeah!" Auch Geld lässt Starr seine Meinung in dieser Sache nicht ändern: Ein 330-Millionen-DM-Angebot deutscher und amerikanischer Geschäftsleute für eine Tournee mit 22 Konzerten schlugen die verbleibenden Beatles Ende der neunziger Jahre ab. Da ist sie wieder, die Lässigkeit, für die man Ringo Starr einfach verehren muss. Hoffen wir, dass dieser entspannte Geist ihn auch durch die nächsten Jahrzehnte begleitet. Herzlichen Glückwunsch zum 70. Geburtstag, Ringo Starr!

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