Remakes europäischer Filme:Manche mögen's aufgewärmt

Wenn Hollywood mal ein europäischer Film gefällt, dann wird er gleich noch mal gedreht. Das war schon immer so. Warum eigentlich?

Lena Schilder

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Themendienst Kino: Vergebung

Quelle: ddp

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Wenn Hollywood mal ein europäischer Film gefällt, dann wird er gleich noch mal gedreht. Das war schon immer so. Warum eigentlich?

Hollywood, die millionenschwere Traumfabrik, benötigt Filme mit der Lizenz, die Massen in die Kinosäle zu locken. Aber woher gute Drehbücher nehmen, wenn nicht stehlen? Wobei, warum eigentlich nicht stehlen, oder, besser gesagt: teuer einkaufen? Zum Beispiel die Rechte für europäische Filme, die bereits erfolgreich liefen. Die europäischen Drehbücher werden natürlich nicht eins zu eins übernommen, sondern, mal mehr mal weniger originell, auf Hollywood-Verhältnisse zurechtgezimmert. Und die europäischen Gesichter werden gegen die besten Zugpferde im Hollywood-Stall getauscht.

Nicht bei allen Remakes weiß man überhaupt, dass es dafür schon ein europäisches Original gegeben hat. Was also hat Hollywood in welchem Abstand wie variiert - und welche Filme sind dabei herausgekommen? Warum vertraut Hollywood nicht auf die Erfolge der europäischen Versionen? Und: Gibt es gar ein Remake, das das Original übertreffen konnte?

Der jüngsten Fall von Recyclingwahn à la Hollywood trifft eine Vorlage, die erst kürzlich weltweit für Furore sorgen konnte, was vor allem an der Hauptdarstellerin lag: Denn Noomi Rapace hat der Rolle der Hackerin Lisbeth Salander, . . .

Text und Bildauswahl: Lena Schilder/sueddeutsche.de/kar/bgr

Noomi rapace als Lisbeth Salander in "Vergebung"

Quelle: SZ

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. . . in der sehr erfolgreichen schwedisch-dänischen Verfilmung von Stieg Larssons Millennium-Trilogie (2009), sehr deutlich ihren Stempel aufgedrückt. Ihre kantige und hintergründige Darstellung der sozialen Außenseiterin wurde auch von den Lesern Larssons begeistert angenommen.

Sony Pictures hat sich jetzt die Rechte für die US-Version gesichert, die unter der Regie von David Fincher 2011 in die Kinos kommen soll. Daniel Craig, seit James Bond der Mann für die brenzligen Missionen, wird die Rolle des Journalisten Mikael Blomkvist übernehmen, die der Lisbeth Salander keine preisdekorierte Hollywood Schauspielerin, sondern ...

Actress Rooney Mara is seen in this undated publicity photograph released to Reuters in Los Angeles

Quelle: REUTERS

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... die weitgehend noch unbekannte Rooney Mara. Ob sie sich bei der Rolleninterpretation ihrer Vorgängerin annähern oder eigene Akzente setzen wird, bleibt abzuwarten.

Überhaupt wird es spannend sein zu sehen, wie sich das blitzschnelle Remake von der skandinavischen Fassung unterscheiden wird. Und ob es die amerikanischen und die europäischen Zuschauer in die Kinosäle locken kann. Drehort und Schauplatz der US-Version wird ebenfalls Schweden sein, so dass sich das Publikum wenigstens nicht auf eine braungebrannte, kalifornische Beach-Lisbeth einstellen muss. Warum das Remake dann überhaupt nötig ist? Hollywood, so kann man immer wieder lesen, will seinem englischsprachigen Publikum keine synchronisierten Filme oder Filme mit Untertiteln, zumuten.

Noomi Rapace hat übrigens zu einem sehr frühen Zeitpunkt klargemacht, dass sie für eine Neuverfilmung nicht zur Verfügung stehen wird, da sie "fertig mit der Rolle" sei.

Eine andere Schauspielerin hat das bei einem Remake nicht so eng gesehen, ist für ihr nochmaliges Antreten aber mit der Nominierung für die Goldene Himbeere abgestraft worden ...

KF VANILLA SKY

Quelle: AP

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... und zwar keine geringere als Penélope Cruz.

2002 spielte sie die Sofia in Vanilla Sky, an der Seite von Tom Cruise, mit dem sie damals auch privat verbandelt gewesen sein soll. Cameron Crowe führte Regie in dem Remake des spanischen Films Abre los ojos (Virtual Nightmare - Open your eyes) aus dem Jahre 1997, in dem Mrs. Cruz ebenfalls die Sofia gemimt hatte. Die Dreiecksbeziehung im Mittelpunkt der Geschichte, in deren Verlauf David Amaes (in der US-Version gespielt von Tom Cruise) nicht mehr zwischen Realität und Wahn unterscheiden kann, wurde von Cameron Diaz komplettiert.  

Hollywood hat seine eigene Regel, Remakes möglichst hochkarätig zu besetzen, hier somit konsequent befolgt. Dank der sexy blonden Cameron und der mit charmantem spanischen Akzent sprechenden Penélope war der Film kommerziell recht erfolgreich, was wohl auch die Hauptintention des Remakes war. Über seine künstlerische Qualität gab es dagegen geteilte Meinungen. Besonders was den direkten Vergleich mit dem Original anbelangte ...

KF OPEN YOUR EYES

Quelle: AP

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Die Star-Besetzung sei, so die Kritik, auf Kosten der phantastischen Elemente zu sehr in den Vordergrund getreten und habe die Spannung und Vielschichtigkeit des Originals nicht erreichen können. Das Werk von Alejandro Amenábar gilt dagegen heute als Meisterwerk des spanischen Kinos im mysteriösen Stile Alfred Hitchcocks und wurde vielfach ausgezeichnet.

Ob die Chemie zwischen Penélope und ihrem spanischen Filmpartner Eduardo Noriego einfach besser war als die mit Tom Cruise, mit dem es kurz nach Drehschluss vorbei gewesen sein soll, bleibt Spekulation.

Eine andere Dame ist doppelt für ein Remake angetreten, dafür aber nie in der Originalversion ...

LOHAN

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 . . . und zwar Lindsay Lohan, als sie noch klein, unschuldig und sommersprossig war. Sie übernahm in Ein Zwilling kommt selten allein, einem Remake von Erich Kästners Das doppelte Lottchen, eine Doppelrolle. Das doppelte Lottchen war 1950 in Deutschland erstmals mit den Zwillingen Jutta und Isa Günther verfilmt worden, 1994 folgte Charlie und Louise - das doppelte Lottchen und zahlreichen weitere Versionen ... auch Hollywoods Vorzeigezwillinge Mary-Kate und Ashley Olsen durften in der Riege der pfiffigen Zwillinge natürlich nicht fehlen.

Der ersten Verfilmung von Das doppelte Lottchen gab Erich Kästern jedenfalls noch höchstpersönlich seinen Segen. So fungierte er im Film als Erzähler und war in einer Szene sogar kurz zu sehen.

Einer Schriftstellerin war sehr daran gelegen, dass ihre literarische Vorlage noch einmal durch die Filmkamera gedreht wird:

"DER TALENTIERTE MR. RIPLEY"

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Der Autorin von Der talentierte Mr. Ripley, Patricia Highsmith. In der Geschichte ermordert Ripley seinen Freund Greenleaf, um künftig dessen Platz einnehmen zu können.

1960 wurde der Roman unter René Clément erstmals in Frankreich mit dem Titel Plein Soleil (Nur die Sonne war Zeuge) verfilmt. Alain Delon gab den kaltblütigen Ripley, Maurice Ronet spielte Philip Greenleaf und auch Romy Schneider hatte einen kurzen Auftritt. Bei der hochkarätigen Besetzung des französichen Films musste natürlich auch die US-Version ihre Kassenmagneten auffahren.

Jude Law, Matt Damon und Gwyneth Paltrow überzeugten unter der Regie von Anthony Minghella. Der musste der Autorin angeblich versprechen, die Homosexualität der Hauptfigur diesmal so offensichtlich zu machen, wie sie es seinerzeit nicht durfte. 

Es scheint, als hätte Hollywood eine Vorliebe für spannende, psychologische, abgründige europäische Filmvorlagen ...

SOMMERSBY

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... wie auch der Film Sommersby aus dem Jahre 1993, der auf einer wahren Geschichte basiert, beweist. Die französiche Vorlage aus dem Jahre 1982 hieß Die Wiederkehr des Martin Guerre. Gérard Depardieu schlüpfte in die Rolle des Titelhelden, der ebenfalls in diese Rolle geschlüpft war, das heißt sich als besagter Martin Guerre ausgab. Im Remake verliebt sich Jodie Foster in Richard Gere, obwohl sie eigentlich weiß, dass es sich bei ihm nicht um ihren lange abwesenden Ehemann handeln kann. 

Das Remake kam bei Publikum und Kritikern sehr gut an und gewann unter anderem den Filmpreis Western Writers of America für das Drehbuch. Einige Stimmen behaupteten sogar, hier sei es einem Remake endlich mal gelungen, seinen Vorgänger zu übertreffen. Dies zu schaffen, war bei der nächsten Vorlage alles andere als einfach:

Wim Wenders wird 60

Quelle: ddp

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Der Himmel über Berlin hieß Wim Wenders poetischer Film aus dem Jahre 1987. Die Engel seines Filmes leiden daran, lediglich stumme Beobacher des Weltgeschehens zu sein und nicht aktiv am menschlichen Wirrwarr teilhaben zu können. Engel Damien, gespielt von Bruno Ganz, entschließt sich deshalb, auf seine Unsterblichkeit zu verzichten, Mensch zu werden und sich auf eine Beziehung mit einer Trapezkünstlerin einzulassen. Das weckt Anklänge an Hans Christian Andersens Kleine Meerjungfrau, wo die Begrenztheit des irdischen Daseins ebenso melancholisch thematisiert wird. Auch das amerikanische Remake variierte die Grundthematik aus Wenders Film.

Doch während Wenders auch daran gelegen war, ein Zeitdokument des damaligen Berlins zu schaffen, samt brachliegendem Gebiet am Potsdamer Platz und Berliner Mauer, verlegte das Remake den Schauplatz und legte einen sehr großen Fokus auf die Liebesgeschichte.

Nicolas Cage und Meg Ryan in "Stadt der Engel"

Quelle: DPA

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City of Angels (Stadt der Engel) aus dem Jahre 1998 unter der Regie von Brad Silberling, spielte, in Anlehnung an den Titel, in Los Angeles. Engel Seth (gespielt von Nicolas Cage) verliebt sich unsterblich in die Herzchirurgin Maggie Rice (gespielt von Meg Ryan) und möchte für sie sterblich werden, was ihm, durch einen Sturz von einem Hochhaus, auch gelingt. Die irdischen Tage mit seiner geliebte Maggie sind allerdings sehr knapp bemessen, da sie kurz nach seiner Menschwerdung bei einem Autounfall tödlich verunglückt.

City of Angels variiert die Grundidee des Originals und entwickelt eine eigenständige Geschichte. Dieses Remake könnte man also auch als eine Art Hommage an Wim Wenders Original sehen - auch ein Grund, der gerne für die Weigerung Hollywoods genannt wird, die Filme doch einfach wie sie sind zu übernehmen. Andere Hollywood-Remakes waren da längst nicht so kreativ, sondern begnügen sich scheinbar damit, Darsteller und Location auszuwechseln ...

Catherine Zeta-Jones

Quelle: picture-alliance/ dpa

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... wie bei No Reservation (Rezept zum Verlieben), dem US-Remake des deutschen Films Bella Martha. Statt Martina Gedeck stand jetzt Catherine Zeta-Jones als perfektionistische und einsame Chefköchin am Herd. Außer den Gesichtern und der Location hatte sich allerdings nicht viel geändert. Martha hieß jetzt Kate und musste sich plötzlich um die Tochter ihrer verstorbenen Freundin kümmern. Die Kleine hieß jetzt übrigens auch nicht mehr Lina, sondern Zoey. Sonst war das, gelinde gesagt, ziemlich ähnlich.

Hier handelte es sich übrigens schon wieder um einen deutschen Film, der, wenn auch über den Umweg der Neuverfilmung, nach Hollywood gelangt war. Diesen Umweg sparte sich die Protagonistin des nächsten deutschen Filmes, dafür hatte sie einfach keine Zeit, ...

Franka Potente in "Lola rennt", 1998

Quelle: AP

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... denn Lola rannte und rannte gehetzt durch Berlin, um ihren Freund Manni zu retten. Und sie rannte nicht nur in Europa, auch in den USA wurde sie mit Run Lola Run kräftig angefeuert, spielte fast sieben Millionen Dollar ein und wurde auf dem Sundance-Festival als bester ausländischer Film ausgezeichnet. Tom Tykwers Film aus dem Jahre 1998, mit Franka Potente in der Hauptrolle, war der deutsche Überraschungserfolg schlechthin - und ist für manche noch heute der Grund, warum deutsche Filme inzwischen auch im Ausland Anklang finden. Für Regisseur wie Darstellerin waren die Türen nach Hollywood anschließend weit offen, was sie für eine internationale Karriere genutzt haben. 

Und das Remake von Lola rennt? Gab's nicht. Tykwer hatten Anfragen diesbezüglich konsequent abgeblockt - auch wenn man ihm gnädigerweise angeboten hatte, das Remake selbst drehen zu dürfen. Die Erfolgsgeschichte von Lola rennt zeigt, dass man auch dem amerikanischen Publikum durchaus mal die Originalversion zumuten kann. Das hätten sich auch die Macher des folgenden Remakes vielleicht vorher auch mal überlegen sollen ...

NOCH DREI MÄNNER, NOCH EIN BABY

Quelle: OBS

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.. ehe sie 1987 Steve Guttenberg, Tom Selleck und Ted Danson zum Windelnwechseln animiert haben. Diesen Job hatten drei Franzosen in der Originalversion Trois Hommes et un Couffin (Drei Männer und ein Baby) zwei Jahre zuvor nämlich bereits recht erfolgreich erledigt - und damit in Europa einen Filmhit gelandet. Auch die US-Version konnte an der Kinokasse überzeugen, so dass sowohl die französische, als auch die amerikanische Version eine Fortsetzung erfuhren.

Ein etwas aktuelleres Beispiel für eine erfolgreiche Neuverfilmung ist ...

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Quelle: AP

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...der Thriller Nightwatch (Freeze - Alptraum Nachtwache) aus dem Jahre 1997, der die Neuverfilmung des dänischen Originals Nattevagten (Nightwatch - Nachtwache) von 1994 ist. Das Besondere des unheimlichen und verstrickten Remakes um einen Nachtwächter (gespielt von Ewan McGregor), der in einer Leichenhalle arbeitet und mit den Machenschaften eines Serienmörders konfrontiert wird, ist, dass Ole Borndedal in beiden Versionen Regie geführt hat.

Bei diesem Remake hat ein Regisseur also die Gelegenheit ergriffen, seinen Low-Budget-Film mit den effektvollen Möglichkeiten, die Hollywood zu bieten hat, und mit Starbesetzung noch einmal zu drehen. Große szenische Abweichungen zu seinem dänischen Original gibt es allerdings nicht, dass wäre ja auch ein Eingeständnis gewesen, den eigenen Film für verbesserungswürdig zu halten. 

Auch Michael Haneke drehte noch eine US-Version seines Films Funny Games, das den Namen Funny Games US trug und 2008 mit Naomi Watts und Tim Roth in den Hauptrollen in die Kinos kam. Wobei es sich genau genommen um einen US-amerikanisch-britisch-französisch-österreichischen Thriller handelte. Jedenfalls lieferte er eine Bild-für-Bild-getreue Neuverfilmung.

Auch für die kommenden Jahre sind zahlreiche Remakes europäischer Filme geplant ...

Michael Ende "Die unendliche Geschichte"

Quelle: picture-alliance/ dpa

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... so munkelt man, habe Leonardo DiCaprio starkes Interesse bekundet, Die unendliche Geschichte neu zu verfilmen. 1984 hatte Wolfgang Petersen den Fantasy-Klassiker von Michael Ende bereits ins Kino gebracht. Man darf gespannt sein, welchen Part sich Leonardo selbst zuteilen wird, schließlich gibt es in der Geschichte hauptsächlich kindliche Protagonisten.

Auch Til Schweigers Keinohrhasen steht angeblich kurz vor einer Verfilmung und wird den Zuschauer wohl in naher Zukunft als NoEarBunny erfreuen.

Die Beispiele verdeutlichen, dass selbst Hollywood, die Traumfabrik schlechthin, gelegentlich Inspiration von außerhalb benötigt.

© sueddeutsche.de/ls
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