Regisseur Uwe Boll:Verfolgt vom Himbeergeist

Ballerspiele mit Til Schweiger und Ralph Moeller: Uwe Boll gilt als schlechtester Regisseur der Welt - das könnte ihm schon bald die goldene Himbeere einbringen.

Christian Mayer

Es ist ungeheuer schwer, einen Film von Uwe Boll in Worte zu fassen; man kann die Kinokritiker verstehen, wenn sie es in diesem Fall vorziehen, zu schweigen. Boll, ist das nicht dieser Verrückte aus Wermelskirchen, der in Kanada und sonstwo einen billigen Action-Film nach dem anderen dreht? Immerhin, der DVD-Verleiher um die Ecke kennt Werke aus der Boll-Produktion. Mit sicherem Griff zieht er den Film "Postal" hervor, "der ist gar nicht mal schlecht". Zwei Stunden später fragt man sich staunend, was man da gerade gesehen hat: Hat der Wahnsinn vielleicht Methode? Oder lässt dieser Mann seinen Phantasien einfach nur freien Lauf, ohne auf irgendetwas Rücksicht zu nehmen, auch nicht auf die innere Logik einer Fiktion?

Regisseur Uwe Boll: Griff in den Obstkorb: Schon dreimal war Uwe Boll für die "Goldene Himbeere" nominiert.

Griff in den Obstkorb: Schon dreimal war Uwe Boll für die "Goldene Himbeere" nominiert.

(Foto: Foto: dpa)

Hier der unzureichende Versuch einer Handlungsbeschreibung: In "Postal" herrscht ein bizarrer Kleinkrieg in den USA nach den Terroranschlägen vom 11.September. In einem tristen Ort namens Paradise lässt ein Sektenguru seine gut gedrillten Bikini-Fundamentalistinnen mit Hakenkreuz-Armbinden aufmarschieren, um durch den Raub von kostbaren Stofftieren seine Steuerschulden zu begleichen. Gleichzeitig versucht eine Gruppe verhaltensgestörter Al-Qaida-Selbstmörder, in den Genuss der versprochenen 99Jungfrauen zu kommen, die ihr geistiger Führer Osama bin Laden wegen der großen Nachfrage aber nicht mehr garantieren kann. Osama, bei Boll eine Comedy-Knallcharge mit Rauschebart, besucht derweil lieber ein amerikanisches Management-Seminar. Klingt krude, ist aber noch viel toller.

Auch der Urheber des filmischen Massakers hat einen verdienten Auftritt: Uwe Boll spielt sich selbst, er gibt einen teutonischen Regisseur in Lederhosen, der seine Filme mit Nazigold finanziert und durch einen Schuss in den Lendenbereich aus dem Verkehr gezogen wird. Der Mann kennt kein Pardon, nicht mit dem Publikum und nicht mit sich selbst. Das alles ist gelegentlich sogar irre komisch; manchmal zumindest kann man nicht anders als lauthals loszulachen.

Gerade erst ist der promovierte Literaturwissenschaftler als schlechtester Regisseur nominiert worden. Zum dritten Mal in Folge geht er ins Rennen um die Goldene Himbeere in Hollywood, eine Auszeichnung eher zweifelhafter Art, und dass er nebenbei am Vorabend der Oscar-Verleihung auch noch für sein Lebenswerk geehrt werden soll, lässt auch nichts Gutes ahnen. Also Anruf bei Boll, der zufällig gerade in Frankfurt weilt.

"Natürlich möchte ich jetzt auch mal gewinnen", sagt der 43-Jährige, der sich vor allem mit der Verfilmung von Videospielen einen Namen gemacht hat. Hat er die gefürchtete Himbeere nun verdient? "Viele Kritiker haben noch nie einen Film von mir gesehen. Die kennen mich nur aus dem Internet", kontert der oft Geschmähte - und verweist auf seine Erfolge. Ein wenig traurig sei nur, dass er inzwischen in ein "ungutes Fahrwasser" geraten sei - zu Unrecht, wie er findet. Schließlich sei sein Film "Postal" als gnadenlose Satire auf das Amerika der Bush-Ära völlig unterschätzt: "Ich bin jedenfalls stolz, dass ich nicht mit dem Mainstream schwimme."

"Natürlich möchte ich gewinnen"

Boll, der Außenseiter, könnte gar nicht so erfolgreich sein, wenn es nicht weltweit ein Publikum gäbe, das auf blutrünstigen Nervenkitzel und Actionhelden unter Dauerbeschuss steht. Sein Kostümfilm "Schwerter des Königs" stand in Russland, Thailand und Indien auf Platz eins der Kinocharts; die DVD spielte allein in den USA 43 Millionen Dollar ein. "Mit dem DVD-Geschäft holen wir regelmäßig das Eisen aus dem Feuer", sagt der Filmemacher. Zuletzt brachte die an der Frankfurter Börse notierte Boll AG das Action-Drama "Far Cry" heraus, in dem Til Schweiger neben Udo Kier und Ralph Moeller wild herumballern durfte - 85000 Zuschauer wollten das in Deutschland im Kino sehen.

Zur Methode Boll gehört, dass alles in einer Hand bleibt. Der Chef schafft an, er muss mit dem Weiterverkauf von Filmen über die Boll AG die Finanzierung stemmen. Boll hat die Filmidee, Boll verpflichtet seine Darsteller selbst, Boll führt Regie und arbeitet im Schneideraum, Boll regelt die Vermarktung. "Uwe ist die ultimative One-Man-Show, der macht alles, vom Script bis zum Plakat", sagt Ralph Moeller, der schon drei Mal bei Boll-Filmen mitgespielt hat.

Nun wagt sich der in Hollywood einschlägig bekannte Deutsche an einen deutschen Mythos: Im Mai beginnen die Dreharbeiten zu einem Kinofilm über Max Schmeling. Die Hauptrolle soll Henry Maske übernehmen, der bisher noch nicht als herausragender Mime in Erscheinung getreten ist und derzeit ein Trainingscamp für Schauspieler absolviert. "Maske kann richtig zuschlagen und hat die richtige Größe", glaubt sein Regisseur. Ob Boll sein Image verbessern kann, wenn er das Boxidol in den Krieg schickt? "Mal sehen, vielleicht kriege ich für Schmeling ja zum ersten Mal Filmförderung - wäre mal was Neues!"

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