Rauchen im Fernsehen:Flatrate-Qualmen im TV

Sabine Bätzing, die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, kritisiert das deutsche Fernsehen für seine zu hohe Raucherquote: Macht Helmut Schmidt Jugendliche zu Nikotin-Junkies?

Viola Schenz

Nach einer vom Bundesgesundheitsministerium veröffentlichen Studie haben Kinder und Jugendliche ein doppelt so hohes Risiko, mit dem Rauchen zu beginnen, wenn sie Filme sehen, in denen häufig geraucht wird. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing (SPD), möchte mehr Zurückhaltung bei der Darstellung des Rauchens im deutschen Fernsehen und hat erste Gespräche mit Vertretern der öffentlich-rechtlichen und privaten Sender geführt.

Rauchen im Fernsehen: Fernsehvielraucher: Helmut Schmidt.

Fernsehvielraucher: Helmut Schmidt.

(Foto: Foto: dpa)

SZ: Frau Bätzing, im Vergleich zu früher wird viel seltener geraucht im Fernsehen. Rennen Sie mit Ihrer Forderung nicht offene Türen ein?

Bätzing: Es wird in deutschen Produktionen doppelt so häufig geraucht wie in ausländischen Produktionen. Daher brauchen wir mehr Sensibilisierung derjenigen, die die Filme produzieren und ausstrahlen. Da hat das Fernsehen eine Vorbildfunktion, und da gibt es bei uns noch zu viele Rauch-Ereignisse.

SZ: Rauch-Ereignisse?

Bätzing: Das heißt, dass jemand im Film raucht oder mit einer Zigarette hantiert oder eine qualmende Zigarette zu sehen ist.

SZ: Geht das nicht an der Realität vorbei? Menschen rauchen nun mal. Warum soll da das Fernsehen eine rauchfreie Insel sein?

Bätzing: Die Realität ist aber auch, dass die Raucherquote zurückgeht in der Bevölkerung, und es wäre schön, wenn sich das widerspiegeln würde im deutschen Fernsehen.

SZ: Andere Studien belegen, dass sich Jugendliche kaum durch Eltern oder Medien beeinflussen lassen, sondern vielmehr durch ihre Peer Group, also ihren Freundeskreis.

Bätzing: Natürlich hat die Peer Group großen Einfluss, den haben aber auch Medien und Eltern. Es gibt ein Bündel von Faktoren, die einen Jugendlichen animieren, Suchtmittel zu konsumieren. Wir sind da auf einem guten Weg, denn die Raucherquote bei Jugendlichen geht zurück, von 28 Prozent im Jahr 2000 auf jetzt 18 Prozent.

SZ: Eben - im Moment ist nicht so sehr das Rauchen ein Problem, sondern dass Jugendliche bis zur Bewusstlosigkeit saufen - Stichwort: Flatrate Parties. Warum nehmen Sie nicht den Alkohol ins Visier?

Bätzing: Wir müssen in beiden Bereichen an unseren Bemühungen festhalten. Was das Rauchen angeht, nehmen wir erst mal diese Studie als Indiz zu handeln. Was den Alkohol angeht, haben wir mit unserer Suchtwoche dieses Jahr schon einen Anstoß gegeben.

SZ: Was wollen Sie konkret erreichen? Dass Filme, in denen viele Zigaretten vorkommen, erst ab 16 Jahren freigegeben werden?

Bätzing: Es geht nicht um Sanktionen, sondern um die Frage, ob zukünftig in deutschen Eigenproduktionen die Zigarette ein dramaturgisches Mittel sein muss. Es gibt ja positive Beispiele - "Ein Fall für zwei" oder "Marienhof" und "Gute Zeiten, schlechte Zeiten". Das sind Serien, die sind ausgezeichnet mit dem Rauchfrei-Gütesiegel.

SZ: Und "Casablanca", ein sehr verqualmter Film, wird dann künftig ab 16 freigegeben oder geschnitten?

Bätzing: Wir wollen keine Zensur, sondern eine Sensibilisierung. Natürlich kann alles aus den Filmarchiven ohne Piep-Ton oder Schnitt weiterlaufen.

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