Aktuelles Lexikon:Vorverurteilung

Till Lindemann, Frontsänger von Rammstein. (Foto: Vyacheslav Prokofyev/imago images/ITAR-TASS)

Was im Journalismus vermieden werden soll - und was nun die Band Rammstein dazu schreibt.

Von Karoline Meta Beisel

Die Band Rammstein hat sich zu den Vorwürfen gegen ihren Sänger Till Lindemann geäußert - und ihre Anhänger aufgefordert, sich nicht an "öffentlichen Vorverurteilungen" jener Frauen zu beteiligen, die diese Vorwürfe vorgebracht haben. Auch die Band selbst habe das Recht, nicht vorverurteilt zu werden. Damit griff sie eine Formulierung aus der Richtlinie 13.1 des Pressekodex auf: "Die Berichterstattung über Ermittlungs- und Gerichtsverfahren... darf ... nicht vorverurteilen", heißt es da, und: "Zwischen Verdacht und erwiesener Schuld ist in der Sprache der Berichterstattung deutlich zu unterscheiden". Darum schreibt man im Verdachtsfall, X solle dieses oder jenes getan haben, aber nicht, dass er es getan hat. Die Vorgabe, jede Vorverurteilung zu vermeiden, ist sozusagen die Unschuldsvermutung aus dem Strafprozess ins Journalistische übersetzt. Es geht dabei auch darum, ein späteres Strafverfahren nicht durch öffentliche Vorverurteilungen zu erschweren: Das Recht auf ein faires Verfahren gehört zu den Grundpfeilern der deutschen Strafrechtsordnung. Das Verbot der Vorverurteilung bedeutet aber nicht die Annahme, dass an den geäußerten Vorwürfen nichts dran ist. Was Rammstein betrifft, schreibt die Band: "Wir nehmen die Vorwürfe außerordentlich ernst."

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