Protestnoten der französischen Buchbranche:Literatur ruft nach dem Staat

"Lest Bücher!" riet Emmanuel Macron zu Beginn der coronabedingten Ausgangsbeschränkung seinen Landsleuten. Das hat die Branche ihm nicht vergessen. Umso verbitterter reagiert sie nun auf den Maßnahmenkatalog der Regierung für die Kultur, wo vom Buch kaum mehr die Rede ist. Ist das Schreiben ein zu einsames Geschäft, um Erwähnung zu finden? - fragen über 600 Schriftsteller, Verleger, Buchhändler in einem Aufruf an den Staatspräsidenten. Neben den Verlegern Antoine Gallimard, Hugues Jallon (Seuil), Françoise Nyssen (Actes Sud, zuvor Macrons Kulturministerin) befinden sich unter ihnen der sonst sehr diskrete Nobelpreisträger Patrick Modiano sowie ausländische Stimmen wie der Amerikaner Don DeLillo oder Salman Rushdie. Um den Einbruch von 500 Millionen Euro im Buchsektor zu überleben, sei ein Hilfsprogramm nötig mit Massenbestellungen durch öffentliche Bibliotheken und subventionierten Lesegutscheinen für die Jugend. Parallel zu dieser im Ton gemäßigten Wortmeldung protestieren in einer anderen, virulenteren Erklärung in Le Monde weitere gut 600 Schriftsteller, Illustratoren, Comicautoren (Annie Ernaux, Nicolas Mathieu, Delphine de Vigan, Enki Bilal): Arbeitslosengeld gebe es nicht für sie und manche von ihnen hätten, um über die Runden zu kommen, sich von den Verlagen vorzeitig die Autorenrechte für dieses Jahr auszahlen lassen. Das Klima in Frankreich spannt sich an und allenthalben blickt man aneinander vorbei auf den Staat.

© SZ vom 26.05.2020 / jhan - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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