Die Begründung für das Gesetz laute: Eine Untersuchung des russischen Gesundheitsministeriums habe ergeben, dass die besagten Farben "der Gesundheit einfacher Russen einen unumkehrbaren Schaden zufügen könnten".
In der Mitteilung, die in der Sprache von Nachrichtenagenturen geschrieben ist, wird Russlands stellvertretender Gesundheitsminister Chariton Wassiljewitsch Orij zitiert. Orij sagt: "Wir haben mehr als tausend Menschen unterschiedlicher Altersgruppen untersucht. Bei fast 98 Prozent der Untersuchten verursacht beim Fernsehen der Anblick der Kombination Blau-Gelb einen aggressiv-depressiven Zustand." Einige Zuschauer hätten während der Untersuchung auf ihren Fernseher eingedroschen, andere auf Verwandte.
Das russische Parlament befindet sich seit Anfang Juli in der Sommerpause. Auch ein Chariton Wassiljewitsch Orij existiert nicht, jedenfalls nicht als stellvertretender Gesundheitsminister Russlands. Trotzdem hat die Nachricht über das Farbenverbot auf Facebook und auf Bloggerplattformen ernsthafte Diskussionen angestoßen. Ob die Schweden schon ihre Fahne von der Botschaft in Moskau entfernt hätten, fragt einer. Die Russen sollten bei sich mehr psychiatrische Kliniken eröffnen, empfiehlt jemand. Eine proukrainische Aktivistin auf der annektierten Krim meldet trotzig, sie werde weiterhin Kleidung in ukrainischen Nationalfarben tragen. Einer, der die Ente erkannt hat, schreibt: "Trotzdem, den Russen ist ja alles zuzutrauen."
Im Nahostkonflikt wiederum haben gefälschte Bilder Tradition, sie sind jedoch traditionell ein Mittel der palästinensischen Seite. Auch in der jüngsten Eskalation kamen wieder gefälschte Bilder in Umlauf, die angebliche Opfer in Gaza zeigen sollten, tatsächlich aber furchtbare Aufnahmen aus Syrien zeigten.
Mit den gefälschten Schmink-Bildern erreicht der Propagandakrieg jetzt einen neuen Höhepunkt: Bislang stellten die PR-Abteilungen der Hamas angebliche Wunden der eigenen Bevölkerung zur Schau, jetzt zeigen sie das angebliche Bilderfälschen des Gegners, es handelt sich also um eine Fälschung von Fälschungen. Israel wird so exakt jener Methode beschuldigt, deren man sich selber bedient.
Fälschungen von Fälschungen: Der Propagandakrieg hat einen neuen Höhepunkt erreicht
Auch Fälschungen, die Kreml-Propagandisten im Staatsfernsehen und im Internet verbreiten, haben sich in den vergangenen Monaten ins Bizarre gesteigert. Anfang März, kurz vor dem Referendum auf der Krim, zeigte der Zentralsender Perwij Kanal noch eine Autoschlange vor dem Grenzübergang Shehyni. Die Aufnahmen sollten einen Bericht über einen wachsenden Strom ukrainischer Flüchtlinge nach Russland bebildern, von 600 000 Flüchtlingen war die Rede. Es reicht, "Shehyni" zu googeln, um zu erfahren, dass der Grenzübergang sich an der ukrainisch-polnischen Grenze befindet.
Zuletzt wurde dem russischen Publikum eine Version der MH17-Tragödie präsentiert, wonach die Passagiere der abgeschossenen Boeing bereits vor dem Abflug alle tot waren. Diese Version wurde vom Separatistenführer Igor Strelkow in Umlauf gebracht und von Hobbyjournalisten zurechtrecherchiert. Laut superomsk.ru, einer behördlich lizenzierten Nachrichtenagentur mit Sitz im sibirischen Omsk, hätten amerikanische Geheimdienste die Boeing mit Leichen vollgestopft und über der Ukraine abgeschossen.
Der Moskauer Historiker und Publizist Nikolaj Swanidse vermutet, dass der Kreml diesen Propagandakrieg verlieren wird. Denn einerseits erzähle Putin im Westen, Russland würde keine Separatisten unterstützen, und andererseits müsse er dem Publikum zu Hause immer weitere Beweise für das Gegenteil liefern. "Man kann sich nicht entzweien, und es klappt auch nicht."