Promis und Werbung:Wa(h)re Begeisterung

Wer glaubt schon noch an Werbung. Aber wenn sich Stars "privat" mit Marken zeigen - dann muss doch was dran sein. Celebrity Placement: Die verdeckte Werbung mit Promis ist ein lohnendes Geschäft.

Christian Fuchs

Wenn der Schauspieler Jürgen Vogel eine neue Jeans braucht, geht er gerne zur Torstraße 107 in Berlin-Mitte. In dem alten Gründerzeitbau sitzt die PR-Agentur Schröder + Schömbs. Vogel stöbert dann beispielsweise im Kunden-Showroom der Agentur, sucht sich möglicherweise eine neue Wrangler aus, nimmt vielleicht ein paar Chucks-Schuhe mit. Die Markenhersteller hoffen, dass Jürgen Vogel die Hose und die Treter privat trägt - und von TV-Teams dabei gefilmt oder von Fotografen abgelichtet wird. Im besten Fall erscheinen die Bilder in Bunte, Bild, Gala, InStyle oder Celebrity mit dem Hinweis auf die Marke.

Heidi Klum, Seal und VW-Logo
(Foto: Foto: ddp)

Dafür sind PR-Agenturen zuständig, die die Redaktionen mit detaillierten Beschreibungen der Kleidung versorgen. Ein lohnendes Geschäft für die Textilunternehmen. "Sie bekommen eine Riesenreichweite und haben wenig Kosten", sagt Daniela Schaaf, die an der Sporthochschule Köln die erste deutsche Studie zu Celebrity Placement betreut hat.

Seit den neunziger Jahren statten amerikanische Unternehmen vor allem Hollywood-Schauspieler mit ihren Produkten aus. Sie reagierten damit auf die Ablehnung von Lesern und Zuschauern auf die klassische bezahlte Werbung. Ein Star auf einem Plakat oder in einem Werbespot findet jedes Produkt super - schließlich wird er ja dafür bezahlt. Aber einer, der privat Mercedes fährt, muss dieses Auto wirklich mögen.

Die Nachfrage steigt massiv

Chrysler bemustert seit Jahren Rapper und Hip-Hop-Größen mit den neusten Modellen. Fahren diese darin über die Boulevards und Avenues oder zeigen ihren Fuhrpark in der MTV-Show "Cribs", hat sich das Engagement ausgezahlt. "Eine Marke bildet ihr Image über die Presse", sagt Miriam Strothjohann, Managing Director bei Schröder + Schömbs PR.

In Deutschland hat ihre Agentur vor sechs Jahren mit Celebrity Placement begonnen, seit zwei Jahren steige die Nachfrage massiv. Das bestätigen auch die Inhaber der Agenturen Häberlein + Mauerer und Artist Network, die ihren Kunden ebenfalls Promi-PR anbieten. Das Geschäft funktioniert auf zwei Wegen: Entweder die Agentur stattet einen VIP mit Produkten aus, oder sie kauft Prominente ein, um eine Veranstaltung aufzuwerten.

Die erste Variante läuft meist ohne Vertrag. Die Schauspielerin Christiane Paul wird mit Garderobe von Strenesse ausgestattet, und Sabine Christiansen erhielt einen Blackberry. Sie sei ein "Idealfall", meint Agenturleiterin Strothjohann. Plötzlich erschienen Portraits über Christiansen mit dem "ununterbrochen vibrierenden Blackberry" (Gala), an dem sie "unaufhörlich dreht" (Park Avenue). In der FAZ konnte Christiansen erklären, wie sie zu dem Gerät steht: Sie nutze "dieses Büro im Hosentaschenformat den ganzen Tag über. (. . .) Der Blackberry schafft Unabhängigkeit und hilft, unproduktive Wartezeiten - vor dem Reichstag oder bei Terminen - sinnvoll zu nutzen."

Wa(h)re Begeisterung

Celebrity Placement lohnt sich besonders für Luxus- und Lifestylemarken: Mode, Autos, Kommunikation, Parfum. Auch T-Mobile war Kunde bei Schröder + Schömbs. Ein neues Handy mit Strass-Steinchen-Verzierung wurde zum Lifestyleprodukt, weil auffallend viele Promis es nutzten. Prominente sind die Fackelläufer der Mediengesellschaft. Das weiß auch Christiane Häberlein, Vorstand von Häberlein + Mauerer. Ihre Agentur beschickt zehn bis 15 ausgesuchte "Fashion Leader" pro Saison mit einem Produkt. "Wenn Oliver Korittke neue Sneakers trägt, führt das zu Nachfragen in den Läden", sagt Häberlein. "Bilder von Prominenten, die ein Produkt benutzen, sind mehr wert als ein PR-Artikel." Vor allem, wenn die Fotos von Redaktionen und Lesern gar nicht als PR wahrgenommen werden, wie das Beispiel Michael Schumacher zeigt.

Am 14. November jubelt die Bild-Sportredaktion "Schumi wieder im Ferrari". Den Bericht illustriert die Bild mit einem Foto von Schumachers Gang zum ersten Arbeitstag und dem Hinweis, er habe dabei eine "braune Totenkopf-Bomberjacke von Boss Orange und Dolce & Gabbana-Jeans" getragen.

Dass Schumacher schon seit Jahren mit Boss zusammenarbeitet, beim Launch des Labels Boss Orange 2005 und bei der Präsentation der Frühjahr/Sommer-Kollektion 2007 anwesend war, ist der Redaktion auf Nachfrage nicht bekannt. "Wenn ein Prominenter auffällig gekleidet ist, dann sehen wir das als Zusatznutzen für unsere Leser an, auch zu erwähnen, was er trägt", sagt Bild-Sprecher Tobias Fröhlich.

Promis im Komplettpaket

Die andere Möglichkeit für Unternehmen, mit VIPs Aufmerksamkeit zu erzielen, soll das "Einkaufen von Schauspielern" sein. Steht eine Ladeneröffnung an, eine Modenschau oder Segelregatta, werden sogenannte A-Promis gebucht - die B- und C-Liga segelt freiwillig im PR-Wind hinterher. Ein deutscher Promi kostet zwischen 500 und 20 000 Euro pro Abend, verrät ein Insider.

Schauspieler und Models leben inzwischen von solchen Engagements mit Gegenleistung: Manchmal bekommen sie Geld, manchmal dürfen sie ihre Garderobe behalten. Für das deutsche Model Franziska Knuppe war das Erscheinen als "Gast" bei einer Ladeneröffnung in Berlin im Oktober 2006, "ein ganz normaler Job". Warum sollte man sonst hingehen?, fragt sie. Neben ihrer Anwesenheit musste sie sich verpflichten, für Fotos mit den Chefs des Unternehmens bereit zu stehen.

Die Agentur Schröder + Schömbs veranstaltete im Juli eine Modenschau für das Label Marc Cain in Düsseldorf. Am Catwalk, Reihe eins, saßen Eva Padberg, Katja Flint, Andrea Sawatzki sowie Mirja und Sky du Mont. Allein aufgrund dieses Aufgebotes erreichte die Marke fünf Millionen Zuschauer im Fernsehen, dreieinhalb Millionen durch Lifestylemagazine und 14 Millionen über Tageszeitungen - insgesamt eine Medialeistung von 260 000 Euro, sagt Miriam Strothjohann.

Party auf 14 Seiten

Manche Promis werden im Komplettpaket eingekauft. Für die Edelmodemarke Baldessarini läuft der Schauspieler Hardy Krüger jr. Modenschauen, steht für Katalogaufnahmen vor der Kamera, erscheint auf Poloturnieren - und trägt die Marke privat. Auch Seal und Heidi Klum sind auf den VW Tiguan umgestiegen, seitdem sie den Wagen auch in der Werbung fahren. "Das wäre doch unglaubwürdig, wenn sie auf der Mattscheibe VW fahren und im wahren Leben eine S-Klasse", sagt Christian Buhrmann von VW. Darum beinhaltet Klums Werbevertrag auch die Verpflichtung, privat Volkswagen zu fahren. Schauspieler Axel Milberg wurde neulich ein BMW H2 mit Hybrid-Motor vor die Tür gestellt - leihweise zu Testzwecken.

In ihrer Analyse kommt Medienforscherin Schaaf auf einen Promi-PR-Anteil von zehn bis 30 Prozent in den amerikanischen Lifestyle-Magazinen People und UsWeekly. Auch in Deutschland steigt das Interesse an Promifotos. Die Bunte, sagt Schaaf, habe ihre Partyberichterstattung auf 14 Seiten ausgeweitet. Hefte wie InStyle "bauen auf Fotos, die durch Celebrity Placement entstanden sind". Langfristig, sagt Daniela Schaaf, könnte Celebrity Placement eine riskante Entwicklung nehmen: "Wenn eine Marke schon mit drei Fotos in der Zeitschrift steht, warum sollte die noch eine Anzeige schalten?"

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