Süddeutsche Zeitung

Projektarbeit:Starthilfe für Newcomer

Die Initiative Musik fördert zehn Nachwuchs-Bands aus Bayern

Von Ekaterina Kel, Julian Zwingel

8800 Kilometer beträgt die Luftlinie zwischen Oberammergau und der texanischen Hauptstadt Austin, doch im März waren sich die beiden Orte auf einmal sehr nahe. Während des Musik- und Medien-Festivals "South by Southwest" (SXSW) spielte die Band Kofelgschroa auf Austins Straßen und Clubs als Teil der deutschen Delegation der Initiative Musik. Die Fördereinrichtung der Bundesregierung präsentierte dort auf der größten Kreativbranchenmesse Nordamerikas Musikhoffnungen wie das Electro-Duo Milky Chance, die Berliner Psychedelic-Krautrocker Oracles oder den Techno-DJ Fritz Kalkbrenner.

Dieser jährliche Gemeinschaftsauftritt wird seit 2010 von der Initiative Musik koordiniert und bezuschusst. Die Initiative hat es sich zur Aufgabe gemacht, deutsche Musiker auf dem internationalen Markt zu platzieren. Wobei die Unterstützung der deutschen Bands in Austin das größte Exportprojekt der Einrichtung ist. Insgesamt waren 22 "German Acts" an der bislang größten deutschen SXSW-Delegation beteiligt. Erstmals engagierte sich auch Bayern beim Gemeinschaftsauftritt im "German House". Nahe des Colorado River sollte der deutsche Musikmarkt bestmöglich repräsentieren werden. An einem Ort, an dem sich Investoren, Musikmanager, Start-Up-Gründer, Künstler und viele mehr treffen, um Kontakte zu knüpfen.

Doch daneben bezuschusst die Initiative Musik deutsche Newcomer mit Fördermitteln - als "Hilfe zur Selbsthilfe". In der jüngsten Förderrunde wurden 57 Bands und Musikprojekte aus acht Bundesländern mit 720 000 Euro unterstützt. Für Frank Dostal, stellvertretender Vorsitzender des Gema-Aufsichtsrates und eines der zwölf Aufsichtsratsmitglieder der Initiative Musik, zählt das Münchner Trio Das Band zu seinen Lieblingsgruppen: Die drei seien "hellwach und trotzig" und würden an eine hypothetische musikalische Kooperation zwischen The Velvet Underground und J.J. Cale erinnern, findet er. Finanzielle Förderung erhielten noch neun weitere Bands aus Bayern, darunter die eben mit einem Vertrag von Sony ausgestattete fünfköpfige Elektrorock-Band Exclusive aus München oder die aufstrebende Elektropop-Band Cosby. Außerdem: Die Bands Mundtot, Wrongkong und Obscura sowie Mundartsänger Max von Milland, Singer-Songwriterin Sarah Sophie, Sänger Timothy Auld und Jazztalent Tobias Meinhart.

Die Programmbeschreibung der Förderinitiative nennt als Ziele "Nachwuchsförderung" oder "Integrationsförderung von Personen mit Migrationshintergrund". Aber dort wird auch ganz klar der Standpunkt vertreten, dass die Initiative eine Fördereinrichtung für die Musikwirtschaft in Deutschland ist. Die Eroberung der ausländischen Märkte schreitet auch auf künstlerischer Ebene voran - die Politik hat wohl das marktwirtschaftliche Potenzial des Exportschlagers "deutsche Musik" erkannt. Deshalb zählen neben der künstlerischen Qualität auch die "Marktchancen des Repertoires und des Künstlers" zu den Auswahlkriterien für die Förderbewilligung. Klar, da wird ausgesiebt. Schon allein durch finanzielle Hürden: Die Förderung darf maximal 40 Prozent der Gesamtkosten eines Projekts, etwa einer Plattenproduktion, abdecken. Ein Antrag auf weniger als 10 000 Euro wird in der Regel nicht berücksichtigt. Das bedeutet, eine Band sollte selbst mindestens 15 000 Euro Eigenmittel nachweisen, um überhaupt gefördert zu werden.

So war es auch bei Das Band. Deren Sänger Philipp Benke sieht die Hürde allerdings eher als Auslese, damit "nicht jede Jugendheim-Band Fördermittel beantragt", sondern nur diejenigen, die ernsthaft eine Musikerkarriere verfolgen, "relevante Sachen" also. Sie hätten schon ihr erstes Album "Also gut" und ein paar Videos in der Hand gehabt, bevor sie sich beworben hätten. Und sie seien von ihrer Sache überzeugt gewesen, sagt Benke.

Durch die finanzielle Hürde sei die Messlatte höher, so würden die Musikprojekte auch ernst genommen werden. Außerdem erhöht das auch die eigene Motivation, "weil man am Schlafittchen gepackt wird". Für Benke ist klar: Die Initiative Musik hat ein wirtschaftliches Interesse, die Projekte sollen angeschoben und auf den Markt gebracht werden. Auch eine Band will schließlich etwas verkaufen. Die Förderung sei daher kein Mittel, um deren Freizeitvergnügen zu finanzieren, sondern für Leute mit professioneller Haltung, sagt Benke.

Der Zuschuss der Initiative Musik ist die erste Förderung, die Das Band erhalten hat. Das Geld investiert das Trio in die Werbung für ihre erste Platte. Den Rest wollen sie für die Produktion des nächsten Albums nutzen - in ein paar Monaten geht es für das Trio schon ins Studio. Dem internationalen Ruhm scheint also nicht mehr viel im Wege zu stehen, jedenfalls solange ihre Kunst als marketingfähig gilt.

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Quelle:
SZ vom 11.05.2015
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