Programmänderung wegen Plasberg:Sudoku für ARD-Intendanten

Unerwarteter Kompromiss in Stuttgart: Die ARD-Intendanten verschieben für Frank Plasberg die "Tagesthemen". Ein Großmeister der deutschen Fernsehunterhaltung könnte Verlierer der Konstellation sein.

Claudia Tieschky

Bisher galt in der ARD: Nichts im Programm ist so unverrückbar wie die Nachrichten. Die Überraschung beim Treffen der ARD-Intendanten am Dienstag in Stuttgart war deshalb der Beschluss, die Tagesthemen ab Herbst mittwochs erst eine Dreiviertelstunde später als gewohnt, um 23 Uhr, zu senden.

Frank Plasberg

Für ihn müssen die "Tagesthemen" weichen: Frank Plasberg.

(Foto: Foto: ddp)

Das Konstrukt ist ein Kunstwerk herrschender Kräfte: Es erlaubt zum einen, Frank Plasbergs Talk Hart aber fair mittwochs ab 21.45 Uhr als 75-Minuten-Sendung vom WDR ins Erste zu holen.

Das stellt diejenigen im Senderverbund zufrieden, die mehr öffentlich-rechtliches Profil für die ARD verlangen. Und es ermöglicht, dass der Fernsehfilm am Mittwoch weiter auf seinem Sendeplatz um 20.15 Uhr bleibt. Das freut die Quotenfreunde.

Vor allem aber zeigt die Tagesthemen-Verschiebung, unter welchem Druck die Intendanten standen und - so ist aus ARD-Kreisen zu hören - ,,mit erheblichem Kraftaufwand'' und bei zwei Gegenstimmen entschieden.

Anfang Februar hatten die ARD-Chefs in Frankfurt nach der Absage von Günther Jauch beschlossen, dass Anne Will Nachfolgerin von Sabine Christiansen im Talk am Sonntagabend wird. Damals setzten die Förderer des Will-Konkurrenten Plasberg durch, dass auch der WDR-Mann mit seiner Sendung ins Erste wandern müsse - auf einen Sendeplatz zwischen Dienstag und Freitag und zwischen Tagesschau und Tagesthemen. Offenbar war zu diesem Zeitpunkt vielen die Konsequenz des Plans nicht klar. Zeitweilig stand danach praktisch das komplette Programmschema der ARD auf dem Prüfstand.

Tatsächlich ist in Stuttgart eine Lösung gefunden worden, die schlimmere Verwerfungen verhindert: Durch die Verrückung des Unverrückbaren wird es keinen Donnerstags-Kampf zwischen Plasberg in der ARD und Maybrit Illner im ZDF geben, und keine unbedachte Verschiebung des ARD-Mittwochsfilms auf Montag: Mit offener Entrüstung und heimlicher Kusshand hätte das ZDF dann wohl seinen Fernsehfilm von Montag zur Mittwochs-Konkurrenz für Plasbergs Talk verlegt.

Nun - und auch das ist ungewohnt - bleiben in der ARD am Ende lauter Sieger. Frank Plasberg, der zweitweilig das Gefühl hatte, die Suche nach einem Sendeplatz sei eine Art ,,Sudoku für Intendanten'', hätte sich zwar 90 Minuten Sendezeit wie im WDR gewünscht. Er könne aber mit 75 Minuten gut leben: ,,Es liegt jetzt in unserer Verantwortung, dass wir uns sinnvoll verschlanken'', sagt er.

Ob er weiter fürs Erste zur Verfügung gestanden hätte, wenn die Causa in Stuttgart verschoben worden wäre, dazu sagt er: ,,Die Welt der Konkjunktive liegt zum Glück hinter mir. Wir schauen jetzt nach vorne.''

Sieger ist auch, wie so oft, der ARD-Programmdirektor Günter Struve. Er behält seinen Filmmittwoch - und hat womöglich zu einer schönen Allianz mit dem Kreis der Plasberg-Förderer und der neuen WDR-Chefin Monika Piel gefunden.

Die Frage ist, ob Harald Schmidts Mittwochssendung nun in Zukunft erst um 23.30 Uhr nach den späteren Tagesthemen läuft - dann wäre er der einsame Verlierer im Spiel. Oder ob auf Dauer doch noch Struves alter Plan verwirklicht wird, Schmidts Mittwochs-Auftritt zu streichen - zugunsten einer Einstunden-Show am Donnerstag.

Bereits am Montag war in Stuttgart über die Nachfolge für Anne Will bei den Tagesthemen entschieden worden. Im Casting beim NDR hatte sich Caren Miosga (Titel, Thesen, Temperamente) durchgesetzt. Testaufnahmen hatte es außerdem mit den ARD-Kräften Caroline Hamann, Ute Brucker, Judith Rakers und Ina Bergmann gegeben.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: