Pro: Abonnentensystem:Welkes Orchester

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Pro & Contra Abonnentensystem: Die Blütezeit der italienischen Oper ist vorbei. Vom Laufpublikum allein kann heute kein Opernhaus mehr leben - für das Opern-Abo ist

Helmut Mauró

Wo wären die großen Orchester aus Berlin, Wien, Dresden oder München heute, gäbe es kein Abonnementsystem? Gäbe es die edlen Klangkörper überhaupt? Die Antwort ist nicht nur historisch eindeutig. Im nachhöfischen Musikleben lag die finanzielle Last für das neue öffentliche Kulturleben bei den gebildeten und wohlhabenden Ständen, vom Kleinkrämer bis zum Großhandelshausherrn. Was zuvor nur vereinzelt in großbürgerlich geprägten Städten wie Hamburg oder Leipzig möglich war, dass nämlich die Bürger selbst Konzertsäle besaßen und bespielten, diese Kulturidee griff Anfang des 19. Jahrhunderts rasch um sich. Aber man wollte nicht nur mit prunkvollen Sälen und ein paar Turmbläsern aufwarten, man wollte jetzt Großes. Es ging nun um städtische Orchester, um Landesopernbühnen, um Nationaltheater.

Gäbe es das große Orchester in der Semperoper in Dresden überhaupt noch ohne Abonnementsystem? (Foto: Foto: ddp)

Dabei haben kultureller Anspruch und Finanzierungsmodelle bis heute erfolgreich überdauert. Was nicht aus öffentlicher Hand beigesteuert wird, kommt von treuen Fans und großzügigen Sponsoren. Anders wären solche Kulturinstitutionen gar nicht zu halten. Vom Laufpublikum kann vielleicht der Opernshop leben, die Staatsoper nicht.

Und wenn man nicht, wie zur Blütezeit der italienischen Oper, angeschlossene Cafés und Spielcasinos als Einnahmequelle hat, ist man auf Abonnenten angewiesen. Was später Zeitungen half und den Bertelsmann-Konzern hervorgebracht hat, lässt auch Orchester überleben. Es sind zudem die Abonnenten, die auch dafür sorgen, dass jüngeres Publikum nachrückt. Von Schüler-, Arbeitslosen-, Rentner- und Studentenkarten jedenfalls kann auch kein subventioniertes Radio- oder Staatsorchester leben.

Wer jemals selber Konzerte veranstaltet hat, weiß, welch stählerne Nerven man braucht, um einen einzigen Konzertabend allein wegen der finanziellen Unwägbarkeiten durchzustehen. Wie aber gestaltet sich eine Kalkulation erst, wenn man einhundert hochqualifizierte Orchestermusiker auf Jahre hinaus garantiert bezahlen muss, wenn man zudem die vom Publikum erwarteten Starsolisten und Dirigenten engagieren will?

Wenn man Jugendkonzerte veranstalten will? Alles ohne Abonnenten? Auf Tagesrisiko? Das wäre sehr praxisfern und würde entweder versteckte Subventionsmodelle oder, wie man im Falle privat organisierter Open-Air-Konzerte in München und an anderen Beispielen sehen konnte, am Ende doch die Forderung des Veranstalters nach Steuergeldern nach sich ziehen.

© SZ vom 10.12.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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