Leipziger Buchmesse:Dinçer Güçyeter mit Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet

Leipziger Buchmesse: Dinçer Güçyeter bei der Verleihung des Leipziger Buchpreises, den er für seinen Roman "Unser Deutschlandmärchen" bekommen hat.

Dinçer Güçyeter bei der Verleihung des Leipziger Buchpreises, den er für seinen Roman "Unser Deutschlandmärchen" bekommen hat.

(Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

Der Autor gewinnt für seinen Roman "Unser Deutschlandmärchen" in der Kategorie Belletristik. Im Sachbuch gewinnt "Bittere Brunnen" von Regina Scheer.

Von Jens-Christian Rabe

Zum ersten Mal seit drei Jahren wurde am Donnerstagnachmittag der mit jeweils 20 000 Euro dotierte Preis der Leipziger Buchmesse wieder ganz wie früher verliehen, also nicht nur mit geladenem Publikum, sondern auch mitten im Zentrum echten Buchmessetrubels in der lichten Glashalle. "Was für ein großartiges Gefühl!", sagte ein sichtlich erleichterter Messe-Chef Oliver Zille zur Begrüßung, "es hat verdammt lange gedauert, wirklich gute, starke Dinge stehen fest."

Den Preis in der Kategorie Belletristik verlieh die siebenköpfige Kritiker-Jury danach unter großem Applaus an den Dichter, Schriftsteller und Verleger Dinçer Güçyeter für seinen Roman "Unser Deutschlandmärchen". Seinen eigenen Kleinverlag Elif finanziert der 1979 in Nettetal geborene Güçyeter bis heute als Gabelstaplerfahrer. "Unser Deutschlandmärchen" handelt von der Geschichte seiner eigenen Einwandererfamilie und soll doch auch, so Güçyeter in seiner Dankesrede, ein Buch sein "für alle Frauen in den Fabriken, in den Bordellen". Das Deutschland in diesem Buch, so Cornelia Geißler in ihrer Laudatio, sei "eine Landschaft voller Risse, aber dennoch der Ort, in dem das lyrische ich seinen Platz findet". Ein Buch, das "die Worte zum Himmel fliegen" lasse, aber "die Demütigung am Boden" nicht auspare.

Als bestes Sachbuch wurde nicht die viel beachteten Bücher "Gekränkte Freiheit" von Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey oder Jan-Philipp Reemstmas "Christoph Martin Wieland - Die Erfindung der modernen deutschen Literatur" ausgezeichnet, sondern "Bittere Brunnen" von Regina Scheer über das Leben der jüdischen Sozialistin Hertha Gordon-Walcher. Gordon-Walcher war in den Zwanzigerjahren Sekretärin von Clara Zetkin und später Weggefährtin von Rosa Luxemburg, Bertolt Brecht und Willy Brandt. Regina Scheer, so die Jury, sei ein großes erzählendes Sachbuch gelungen, eine "genaue Dokumentation politischer Zusammenhänge, deren Spuren die Gegenwart prägen".

Der Andrang auf der Messe ist groß, es könnte besser laufen, als erwartet

In der Kategorie Übersetzung gewann Johanna Schwering für ihre Übertragung des in den Vierzigerjahren spielenden Coming-of-Age-Romans "Die Cousinen" der 85-jährigen argentinischen Autorin Aurora Venturini. Die Jury lobte Schwering für das Kunststück, auch im Deutschen eine "Sprache für die von Dumpfheit, Armut und Missbrauch geprägten Familienverhältnisse" gefunden zu haben, um die es in dem harten, aber nie zynischen Roman gehe.

Mit 2000 Ausstellern aus 40 Ländern erreicht die Messe zum Neustart nur etwa 80 Prozent ihrer Größe von vor der Pandemie, aber die meisten der großen Verlage sind wieder an Bord. Ihre Absagen hatte die Messe im vergangenen Jahr verhindert. Messe-Chef Oliver Zille ist zurückhaltend und hofft bis Sonntag bloß auf insgesamt 130 000 Besucher, was nur etwa 60 Prozent der Besucher im Jahr 2019 entspräche. Der Andrang schon am Donnerstagvormittag könnte darauf hindeuten, dass es deutlich besser laufen wird. Auch das parallell in der Stadt stattfindende Lese-Festival "Leipzig liest" fällt kleiner aus als vor drei Jahren, aber 3000 Veranstaltungen an 350 Orten klingen doch auch erst mal wie ein großes Comeback.

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