Taylor Swift hat Kim Kardashian diese Woche in der Zahl ihrer Instagram-Follower überholt. Da das die moderne Währung für Aufmerksamkeit ist, lässt sich nun also mit Fug und Recht behaupten, dass Taylor Swift der größte Popstar des Planeten ist. "Sie ist die Musikindustrie", stand vergangenes Jahr auf dem Titelblatt des Magazins Bloomberg Businessweek. Denn tatsächlich verkauft sie noch richtig viele Platten in einer Zeit, in der eigentlich niemand mehr Platten kauft. Was ihr wiederum die Macht verleiht, sogar den Megakonzern Apple zu beeinflussen: Wenn Taylor Swift sagt, dass dessen neuer Streamingdienst Musikern gefälligst Geld zahlen soll für ihre Musik, dann macht Apple das.
Trotzdem gab es kürzlich den ersten Zweifel an der Beständigkeit von Swifts Herrschaft über den Pop. Erst war da ein Twitter-Streit mit der schwarzen Musikerin Nicki Minaj, dann erschien Swifts neues Musikvideo und wurde für seine unreflektierte Übernahme kolonialer Klischees schwer gerügt. Jenseits der wirklich überraschenden Gedankenlosigkeit des Videos zeigte sich an diesem Vorfall die Schwäche von Taylor Swifts Strategie: Sie inszeniert sich, trotz glamourös roter Lippen und Altes-Hollywood-Föhnfrisur, als echt - und wird deshalb ein bisschen zu ernst genommen.
Taylors beste Freundinnen: alles Supermodels
Auf Instagram und Twitter ist Taylor Swift die nette junge Frau - vielleicht nicht von nebenan, sondern aus dem etwas besseren Teil der Stadt, die beste Freundin ihrer Fans. Zu Konzerten lässt sie gern eine Armada ihrer BFFs aufmarschieren. Das ist ihre Marketingstrategie, verkleidet als ihre Version von Feminismus: das Freundinsein.
Doch gerade jetzt, auf dem Zenit ihres Erfolgs, droht diese Inszenierung zu bröckeln. Die Taylor-Swift-Gang zum Beispiel, in die immer neue tolle, schöne, erfolgreiche Frauen aufgenommen werden, besteht eben nicht aus Fans. Nicht aus vielleicht pummeligen Teenagermädchen mit ein paar Pickeln zuviel im Gesicht. Taylor Swifts Freundinnen sind zum Beispiel: Supermodel Karlie Kloss, Supermodel Cara Delevigne, baldiges Supermodel Gigi Hadid, Model und Unterhaltungsunternehmerin Heidi Klum, Schauspielerin Selena Gomez, Schauspielerin Jennifer Lawrence.
Taylor Swift bei einem Konzert in New Jersey mit ihren Supermodelfreundinnen - und Lena Dunham.
(Foto: Larry Busacca/LP5)Lena Dunham fühlte sich "short and chubby"
Ihre anders-coole, aber auch supererfolgreiche Freundin Lena Dunham gab zu, sich bei einem Bühnen-Stelldichein zwischen all den langbeinigen Damen "short and chubby" gefühlt zu haben. Kann man sich als "Swiftie", also als Taylor-Swift-Fan, wirklich als Taylors Freundin fühlen, wenn ihre tatsächlichen Freundinnen aussehen wie von einem anderen Stern? Wenn die Inszenierung von Authentizität so überdekorativ wird wie bei Swift, verliert sie ihre Glaubwürdigkeit.
Ganz anders macht das der andere derzeitige Über-Popstar: Miley Cyrus. Ein Jahr nachdem sie mit ihren wackelnden Pobacken das Abendland an den Rand des Untergangs gebracht hat, wundert sich niemand mehr, wenn sie nichts als einen bunten Badeanzug auf der Bühne trägt und sich irgendwie koital bewegt. Auf das Twerken folgte das berüchtigte Wrecking-Ball-Gereite, das Lecken an Hammern, das Räkeln auf weißen Laken. Und immer wieder war da diese Zunge, die zu groß, zu lang, zu obszön schien für diese kleine Frau.