Popmusik:Daphni

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(Foto: fabric)

Der britische Produzent Dan Snaith nennt sich "Caribou", aber auch "Daphni". Unter dem zweiten Namen ist soeben das essentielle Album "Fabriclive 93" erschienen.

Von Jens-Christian Rabe

Von Jean-Luc Godard weiß man, dass er Trailer fast schon für den perfekten Film hält. Und der Filmkritiker Michael Althen fügte dem einmal noch hinzu, dass ihm die Vorschauen mit das Liebste am Kinobesuch gewesen seien, weil sie den Film so zeigten, wie er selbst gerne wäre, oder immerhin, wie ihn der Verleiher gerne gehabt hätte. Im Pop gibt es leider keine echte Trailer-Kultur.

Im Pop gibt es zu einem neuen Album die erste Single, die mal ganz kurz, mal Monate vor einer neuen Platte erscheint. Diese Single verhält sich zu dem größeren Ganzen, dem sie entnommen wird, aber leider in der Regel nicht wie ein höheres Kondensat, sondern eher wie ein Appell an die niederen Instinkte. Oft ist die erste Single einfach der eingängigste und formelhafteste Song eines Albums, um damit ein möglichst breites Publikum anzusprechen. Das ist natürlich völlig in Ordnung, aber lange nicht so interessant.

Sucht man im Pop nach einem Trailer-Äquivalent, landet man eher beim sogenannten Edit. Ein Edit ist insbesondere in der elektronischen Musik ein Track, für den aus einem anderen nur die wirklich grandiosen und tanzbarsten Stellen verwendet wurden. Einer der berühmtesten Edits der jüngeren Popgeschichte ist etwa der Edit des Four-Seasons-Hits "Beggin'" des französischen Produzenten Cédric Marszewski alias DJ Pilooski. Ein Edit ist also zwar nicht das, was ein Song selbst gerne geworden wäre, aber im besten Fall doch eine bis zum Edit sträflich unerkannte Verdichtung.

Man denkt an diese im Pop leider viel zu seltene Bearbeitungstechnik beim neuen Album des britischen Produzenten Dan Snaith alias Caribou. Unter seinem anderen Pseudonym Daphni ist soeben "Fabriclive 93" erschienen, für das er 28 eigene Tracks noch einmal bearbeitet hat. Besonders der zweite Track "Face To Face" ist eine kleine Pop-Offenbarung. Er besteht aus gerade einmal drei Teilen - einem einfachen rollenden Schlagzeugbeat, einer äußerst minimalistischen, aber maximal pointierten Bassline und einem kleinen Falsett-Loop am Ende - und ist doch noch mehr als nur ein Edit eines einzelnen Songs. Er ist die Essenz von Dance Music überhaupt.

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