Süddeutsche Zeitung

Popkultur:West und der Rest

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Rapper Kanye West feiert Donald Trump im liberalen Fernsehen mit einer wirren Ansprache.

Von Jens-Christian Rabe

Er irrlichtert wieder. Kein Zweifel besteht daran, dass der Rapper und Produzent Kanye West eines der wenigen Pop-Genies der Gegenwart ist. Ziemlich zweifelhaft war dagegen mal wieder einer seiner Auftritte. Am Samstag sollte in der populärsten amerikanischen Comedy-Fernsehshow "Saturday Night Live" (SNL), eigentlich nur die Veröffentlichung seines neuen Albums "Yandhi" gefeiert werden. Aber das wäre für diesen Mann wohl einfach zu wenig gewesen.

Ein neues Album gibt es vorerst nicht, dafür aber neuen trotzigen Irrsinn. West, der fortan nur noch seinen Spitznamen "Ye" tragen will, hatte während seines Auftritts nicht nur die berühmte rote Trump-Wahlkampf-Kappe mit dem "Make America Great Again"-Logo auf dem Kopf, sondern setzte am Ende der Sendung auch noch zu einem mäandernden Monolog an, der vom Sender nicht mehr in Gänze übertragen wurde. Alternative Mitschnitte aller Art machten im Netz natürlich blitzschnell die Runde. West schimpft darin, die SNL-Verantwortlichen hätten ihn hinter der Bühne gemobbt, weil er die Kappe tragen wollte, außerdem gäbe es kein Rassismus-Problem in den USA (dann wäre er nämlich längst nicht mehr da), die Demokraten trennten mit ihrer Wohlfahrtspolitik Väter von ihren Familien, alle sollten ihren Herzen und nicht ihren Hirnen folgen und es könne gut sein, dass er, Ye, 2020 zu den Präsidentschaftswahlen antrete. Auf Twitter legte er, "mit Liebe", später noch nach, dass Amerika nicht länger bloß Jobs im Ausland schaffen werde, sondern zu Hause Fabriken bauen und allen Arbeit geben, die nicht im Gefängnis sitzen. Und dann werde noch der 13. Zusatzartikel der Verfassung abgeschafft. Der sorgte 1865 für die Abschafffung der Sklaverei und scheint in Wests verdrehtem Geschichtsverständnis so etwas wie das emanzipatorische Grundübel Amerikas zu sein. Ach Ye. Auf der Kappe seiner Wahlkampfkampagne wird dereinst stehen: "Macht Amerika wieder größenwahnsinnig".

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Quelle:
SZ vom 02.10.2018
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