Pop:Wurscht is' eh

Mit der "Neigungsgruppe Sex, Gewalt und gute Laune" etablierten David Pfister und Christian Fuchs das Cover als Kunstform. Nun kehren sie als "Die Buben im Pelz" zurück

Von Martin Pfnür

Der Wurst kommt im Popkulturellen - im Gegensatz zur Liebe, dem Exzess, dem Tod oder dem Teufel - bis heute eine eher untergeordnete Rolle zu. Klar, da ist immer noch ein Drama-Rocker wie Meat Loaf ("Hackbraten"), aber der zählt dann doch nicht so wirklich. Ikonografisch ist in dieser Causa nun jedoch Abhilfe geschaffen worden, und auch in Sachen Haltung rauscht momentan etwas aus Österreich heran, das man - keinesfalls abwertend - "Die neue Wurschtigkeit" nennen könnte. Da wären etwa David Pfister und Christian Fuchs. Beide seit langem als Moderatoren beim Radiosender FM4 beschäftigt, beide als Autoren und Musiker von einer Umtriebigkeit, einem Schaffensdrang und einer "Sich-nix-scheißen-Haltung" durchdrungen, wie man sie hierzulande, also bei uns, nur selten, eher gar nicht antrifft.

Als Neigungsgruppe Sex, Gewalt und gute Laune förderten sie über Jahre vor allem Letztere, indem sie sich zusammen mit zwei FM4-Kollegen als Cover-Band der besonderen Art hervortaten: Man nehme einen Pop-Gassenhauer und dichte seinen Text mit einer gehörigen Prise morbidem Pathos à la Wienerlied und bösem Humor ins Wienerische um. So wurde aus der Babyshambles-Hymne "Fuck Forever" ein "G'fickt Für Immer" oder aus Lana Del Reys "Video Games" ein "Video Spü", bevor sich das Quartett 2012 mit einer Verbeugung vor dem finalen Beatles-Album "Let It Be" ("Loss Mas Bleibm") zur Ruhe setzte.

Buben im Pelz

Zur Belebung der Wiener Subkultur haben Christian Fuchs (2. v. l.) und David Pfister (3. v. l.) ihre "Buben im Pelz" gegründet.

(Foto: Pamela Russmann)

Doch zurück zur Wurst. Die prangt nun prall und saftig auf dem Cover ebenjenes Albums, mit dem Pfister und Fuchs im Herbst letzten Jahres als Die Buben im Pelz in neuer Formation wieder auf der Bildfläche erschienen. Sie prangt da anstelle jener Siebdruck-Banane, die Andy Warhol für das Cover des bis heute wichtigsten Debütalbums der Rockmusik entwarf: die 1967 erschienene erste Platte seiner Protegés The Velvet Underground um Lou Reed und John Cale. Ein Album als Kontrapunkt zum Hippietum. Ein Album, das in seinen um Sadomasochismus und Sucht kreisenden Texten erstmals das Dreckige im Rock befeuerte. Ein Album, das in seiner nahtlos in Coolness übergehenden Apathie aber auch Ikonen wie Kurt Cobain inspirierte, wie Christian Fuchs betont, für den die Velvets immer noch "die ultimative Rockband" sind. Kurzum: ein Album, das in seiner morbiden Abgründigkeit wie dafür geschaffen scheint, es ins Wienerische zu übertragen.

Eben hier kommt die Wurschtigkeit ins Spiel, die gemeinhin für eine Art Trägheit oder Gleichgültigkeit steht, im vorliegenden Fall jedoch vielmehr mit einer nonchalanten Form von Selbstverständlichkeit zu tun hat. Sich nix scheißen. Einfach machen. Oder, wie Christian Fuchs den Grundgedanken des Projekts beschreibt: "Covern wir doch eines der zentralsten Alben der Rockgeschichte und schauen wir, wohin uns diese irre Idee führt."

Die Idee, sie führt die Buben an Orte wie den "Schwedenplatz", der als Drogenumschlagsort die Ecke "Lexington 125" ("I'm Waiting For The Man") ersetzt, sie führt sie auf "Olle Faden Parties" ("All Tomorrow's Parties"), die in Wien gefeiert werden, lässt sie die fiese Berechnung der "Femme Fatale" besingen, und die "shiny, shiny / shiny boots of leather" aus "Venus In Furs" in ein "Schatzi, Schatzi / Schatzi komm zu mir her" umdichten. Clever, charmant, wunderbar respektlos ist das. Und musikalisch auf eine Weise umgesetzt, die den coolen Purismus des Originals ehrt, ohne dabei in Retro-Manie zu verfallen.

Wenn man schließlich noch bedenkt, dass mit Seiler und Speer aus Bad Vöslau kürzlich ein Kabarettist und ein Filmemacher mit Doppelplatin für ihr Akustik-Pop-Debüt "Ham kummst" ausgezeichnet wurden - Christopher Seiler: "I nimm grundsätzlich nie wos ernst. I nimm mi nedamoi söwa ernst, do samma de boa Liada a wurscht!" - dürfen sich die Wandas und Bilderbücher dieser Welt wohl langsam warm anziehen. Keine Frage, die neue Wurschtigkeit, sie ist erkennbar auf dem Vormarsch.

Die Buben im Pelz, Mittwoch, 24. Februar, 20 Uhr, Volkstheater, Brienner Str. 50

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