Pop:Unübertroffen hoffen

Mehrmals standen "Heinz aus Wien" vor dem Durchbruch, doch die große Karriere haben später andere gemacht, "Wanda" zum Beispiel oder "Bilderbuch". In München feiern die Österreicher nun selbstbewusst ihr 25-Jähriges

Von Bernhard Blöchl

Das Wunder von Wien blieb aus. Aber musikalisch, da haben sie alles gegeben. "Denn wenn schon, dann denn schon / darauf warten wir längst schon", textete die Band in ihrem Song zur Fußball-Europameisterschaft 2008 in Österreich, "man darf doch mal träumen / sich eine Chance einräumen / ganz offen drauf hoffen / einmal unübertroffen / den Gedanken einbeziehen / vom Wunder von Wien". Heinz aus Wien heißt die Band, die seinerzeit mit Zeilen wie formvollendete Ballstafetten nicht verhindern konnte, dass die österreichische Fußballnationalmannschaft bei der EM in Österreich und der Schweiz bereits in der Vorrunde scheiterte - unter anderem an Deutschland.

Das Wunder von Heinz aus Wien blieb ebenfalls aus. Dabei haben sie alles gegeben. Von einem Scheitern zu sprechen, wäre falsch. Immerhin gibt es die Independent-Rocker mit der Vorliebe für druckvolle Gitarren, eingängige Melodien und schelmische Texte voller Poesie und Freude am Wortspiel inzwischen seit 25 Jahren. Sie haben acht Studioalben aufgenommen, außerdem Live- und Remix-Alben, und sie waren für den Vorentscheid zum Eurovision Song Contest 2011 nominiert. Eine Weile wurden sie als die österreichischen Sportfreunde Stiller bezeichnet (mit denen sie befreundet sind), sie selbst sahen sich als Teil der "süddeutschen Gitarrenband-Community". Nur zum großen Durchbruch hat es nie gereicht.

Heinz aus Wien

"Ach würd' ich doch nur lässig sein, ich würd' alles darum geben", singen "Heinz aus Wien" selbstironisch in einem ihrer frühen Hits. Bei ihrem Gastspiel in der Milla spielt die Rockband um Michi Gaissmaier (2. von rechts) ihre "wildesten, schönsten und liebsten Lieder".

(Foto: Alexander Haiden)

Den erleben nun andere Rock- und Pop-Kollegen aus Österreich, die sehr verehrten Avantgarde-Frickler Bilderbuch zum Beispiel oder die Lederjacken-Bussi-Bären von Wanda, und auch der hinreißende Nino aus Wien darf an dem jüngsten Rot-Weiß-Rot-Boom teilhaben, der nun auch schon wieder etliche Jahre anhält. "Die waren ja noch Babys, als wir schon auf der Bühne standen", sagt der Sänger, Texter und Gitarrist Michi Gaissmaier, der sich mit seiner 1995 gegründeten Rockband zuweilen anhören darf, sozusagen die Großeltern von Bilderbuch und Wanda zu sein. Frust schieben Heinz aus Wien angesichts des ungünstigeren Karrieretimings und der möglicherweise verpassten Chancen nicht. Ihr Erfolg war schön moderat. Zum Adjektiv mittelprächtig haben sie ohnehin eine ganz besondere Beziehung. In einem ihrer besten Songs, der Single "Lässig sein" vom starken Album "Pasadena" aus dem Jahr 2000, dreht sich alles um die Sehnsucht nach Rampenlicht und Anerkennung: "Doch ich kann nichts und das mächtig / drum geht's mir nur mittelprächtig." So ist ihre Haltung stets geblieben: selbstironisch und verschmitzt, das macht sie so sympathisch. Aber klar: Wer sich selbst nicht über- wird gerne unterschätzt.

Musik macht die Band nach wie vor mit großer Freude, wie Gaissmaier vor dem München-Gastspiel versichert. Es gab ein paar Besetzungswechsel in all den Jahren, nach wie vor dabei neben dem Sänger sind Conny Dix am Bass und Bernd Jungmair am Schlagzeug; seit 2003 ergänzt der Gitarrist Markus Gartner die Gruppe. Das 25-Jährige nun führt Heinz aus Wien mal wieder nach München. Dorthin zurück, wo sie 1996 ihre erste CD "Welsfischen am Wolgadelta" vorstellten - mit den Sportis als Support. Dorthin, wo sie 2005 zum bisher letzten Mal aufgetreten sind, beim FM4-Fest in der Muffathalle. In der Milla an diesem Freitag haben sie sich vorgenommen, ihre "wildesten, schönsten und liebsten Lieder" zu spielen (es gibt keine Vorband, Beginn ist pünktlich um 20 Uhr). Das aktuelle Album heißt "Grau in Grau in Stadt" und ist 2017 bei Sony erschienen. Es markierte einen Einschnitt, erlaubt waren verstärkt auch elektronische Einflüsse. Produziert hat der DJ und Funk-und-Soul-Profi Rodney Hunter. "Live gibt es vor allem viel Altes", verspricht Michi Gaissmaier. "Wir wollen ja nach wie vor die Menschen glücklich nach Hause schicken."

Altes, das könnten die Stücke aus der gefeierten Hochphase sein, "Lieb im Prinzip" von "Pasadena", "So wie dieser Tag" oder "Im Team" vom Album "Karate Karate" (2002). Vom Debütalbum ist "Ich hab' mit Tocotronic Bier getrunken" hängen geblieben, von "Heinz" (2012) das flötenschöne Akustikwunder "Und apropos". Und apropos Wunder: Ein kleines Wunder von Wien sind sie ja schon, die Heinze.

Heinz aus Wien, Jubiläumskonzert, Freitag, 24. Januar, 20 Uhr, Milla, Holzstraße 28

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