Pop:Schattenarbeit

Musiker sind heute mehr denn je auf das Live-Geschäft angewiesen. Doch nicht nur sie kämpfen jetzt ums Überleben. Noch schlechter geht es Roadies, Verkäufern und allen anderen, die vom Konzertbusiness leben.

Von Jens-Christian Rabe und Jan Kedves

Seit dem Niedergang des Tonträgerverkaufs ist das Geschäft mit der Popmusik vor allem ein Live-Geschäft. Um von ihrer Kunst leben zu können, sind also die meisten Popmusiker darauf angewiesen, unermüdlich Konzerte zu spielen. Wenn Auftritte abgesagt werden, steht für viele schnell ihre Existenz auf dem Spiel.

Nicht untypisch für die derzeitige Lage von Popmusikern ist das Schicksal der R&B-Sängerin Kaina aus Chicago. Jüngst gefeiert für ihr Debütalbum "Next To The Sun" sollte ihr Auftritt beim renommierten Festival South by Southwest in Texas der vorläufige Höhepunkt ihrer Karriere werden. Das Festival wurde aber abgesagt, und Kaina musste - noch bevor die Veranstalter wegen Corona-Auflagen die Gigs von sich aus cancelten - auch die zehn anderen Konzerte ihrer Tour absagen. "Es ist hart, ein Indie-Künstler zu sein", schreibt sie auf Instagram. Schon wenn ein einziger, gut bezahlter Festivalauftritt ausfällt, kann das eine gesamte Kalkulation zum Einsturz bringen.

Der Berliner Techno-Star Hendrik Weber alias Pantha Du Prince ist im Vergleich dazu in einer komfortableren Situation. Die Tour zu seinem neuen Album "Conference Of Trees" startete am 7. und 8. März in Bern und Wien. Einen Tag später in Ljubljana - die Band hatte bereits alles aufgebaut - wurden von den slowenischen Behörden Veranstaltungen mit über 100 Besuchern verboten. "Wir sind hier, es läuft sogar eine Sendung über uns im Fernsehen, aber wir können nicht auftreten wegen höherer Gewalt", schrieb er auf Instagram. Seine Booker haben - wie viele Agenturen derzeit - in Rekordzeit und mit dem Mut der Verzweiflung neue Termine vereinbart: Am 29. Mai soll die Tour in Athen neu starten und am 4. November in der Berliner Volksbühne enden.

Was allerdings in der Diskussion darum, wie es nun den Popkünstlern ergeht, oft vergessen wird, sind all die Helfer, die im Schatten des Rampenlichts stehen: Ton- und Lichttechniker, Roadies, Tour-Begleiter, Fanartikel-Verkäufer. Sie alle sind jedoch meist ebenso Freiberufler, und für sie alle gibt es kein Homeoffice. Entweder sind sie auf Tour - oder arbeitslos. Während die, die sie normalerweise engagieren, weiter Songs schreiben, Alben aufnehmen und die Fans mit Livestreams von Wohnzimmerkonzerten bei Laune halten können, haben sie ohne deren Auftritte, ohne Reisen und Publikum vorerst überhaupt keine Arbeit mehr.

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