Süddeutsche Zeitung

Pop:Jede Menge Charisma

Die bayerische Band "Pam Pam Ida" ist mit einem neuen Album unaufhaltsam auf dem Weg nach oben

Von Oliver Hochkeppel

Das hat es im Lustspielhaus sicher auch noch nicht oft gegeben: Eine Bühne, auf der vor lauter Instrumenten und Technik kaum mehr Platz für die Musiker war; blinkende Lichter direkt am Bühnenboden; und ein "support act", etwas also, was man sonst nur von den Konzerten in den großen Hallen kennt. Aber zu Gast waren eben die großen Aufsteiger in Bayerns Pop-Landschaft, und dann auch noch mit dem Release-Konzert ihres neuen Albums "Sauber": Pam Pam Ida, die sechsköpfige, üblicherweise vom Silberfischorchester (im Lustspielhaus nur zwei der sechs Streicherinnen) begleitete Band, die vor zweieinhalb Jahren mit dem One-Shot-Video zu ihrem Song "Gockl" für soviel Aufsehen sorgte, dass sie schon auf Tour gebucht wurde, noch bevor sie das erste Mal live gespielt hatte.

Das hätte dann auch schief gehen können, denn zunächst war das Ganze eine Kopfgeburt von Mastermind Andreas Eckert. Der Sänger schrieb nicht nur die Songs, sondern bastelte sie als Multiinstrumentalist auch zunächst nur im Duo mit Schlagzeuger Julian Menz im Computer zurecht. Das musste man dann erst einmal gemeinsam auf die Bühne kriegen, zumal das schlichte Arrangement Eckerts Sache nicht ist. Er liebt die Fülle, experimentiert mit Sounds aller Art, mixt diverse Stile und geht auch rhythmisch selten den einfachen Weg. Aber weil abgesehen von Menz und dem Bassisten Jürgen "Charlie" Neumeier auch die anderen Bandmitglieder mehr als nur ein Instrument mehr als gut beherrschen, klappte das dann ausnehmend gut.

Angefeuert vom BR und rauschenden Auftritten etwa beim Heimatsound-Festival in Oberammergau wurde Pam Pam Ida schnell zum Begehrtesten, was der Bayern-Pop seit La Brass Banda hervorgebracht hat. Und so konnte Eckert im Lustspielhaus vom Masterplan des Bläsers Christian Winkler räsonieren, mithilfe dessen man "den kometenhaften Aufstieg ewig weiterführen" könne.

Nimmt man das zweite Album und den Auftritt im Lustspielhaus als Maßstab, kann es jedenfalls tatsächlich noch lange aufwärts gehen: Eckert und die Band haben sich weiterentwickelt, sind erwachsener geworden, ohne ihren Spieltrieb zu verlieren. Die witzigen Stücke kommen jetzt ohne zweideutige Pennälerscherze aus, wie der Song vom Kater Tommy belegt, der vom Rasenmäher der Nachbarin geköpft wird. Oder auch die komische Konsumrausch-Kritik "Kaff den Scheiß!", zu der Menz live eine grandiose Gottesdienst-Parodie hinlegt. In jedem Stück wird man konsequent überrascht, mal von einem Oboensolo, mal von einem Flöten-Duett, von einem Dixie-Zwischenspiel, einer Ska-Passage oder einer bombastischen Synthesizer-Bass-Fläche.

Die größte Attraktion aber ist die Bühnenfigur Andreas Eckert. Nicht nur, weil man sich an kaum eine derart markante, kraftvolle, vom Bass bis zum Falsett sichere Popstimme aus Bayern erinnern kann, mit der Eckert das Bairische so weich und sprachmalerisch ausdrucksvoll rüberbringt wie man das sonst doch eher vom Englischen kennt. Sondern auch, weil er dazu eben auch noch durchaus anspruchsvoll Klavier, Horn, Flöte oder Gitarre spielt. Und nicht zuletzt, weil sich das alles mittlerweile mit jeder Menge Charisma vereint. Eckerts bayerischer Humor hilft schon mal, vor allem aber muss er den Star beim Gefrotzel mit den Bandkollegen nicht nur ironisch spielen, er wird bei den Songs einfach einer: singt wie einer, bewegt sich wie einer, mimt wie einer. Früher gerne in altmodischen Klamotten mit Weste und Fliege oder im Jeans-Look unterwegs, trug er diesmal ein Batik-Muscleshirt mit Blazer im Retrostil. Und wenn er am Schluss bei "Komplett ignorieren" oder dem "Gockl" den Blazer wegschmeißt und sich in Pose schmeißt, dann erinnerte er - obendrein mit diesem Mini-Schnauzer - verblüffend an Freddie Mercury. Und die Band kommt einem dann auch gleich wie Queen vor.

Das kann also durchaus noch in der Olympiahalle landen. Der nächste München-Auftritt ist allerdings erst mal in der Muffathalle.

Pam Pam Ida: "Sauber", VÖ: 11. Januar; live: Mi., 8. Mai, 20 Uhr, Muffathalle, Zellstraße 4

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Quelle:
SZ vom 11.01.2019
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