Pop:Im Lichte des Erfolgs

Florian Paul

Keine Frage: Florian Paul (Mitte) und seine Bandkollegen sind bereit, die Münchner Pop-Szene aufzumischen. Und das ist erst der Anfang.

(Foto: Lennart Heidtmann)

Florian Paul macht Filmmusik und singt Pop-Chansons. Kürzlich ist das Debütalbum mit der "Kapelle der letzten Hoffnung" erschienen

Von Hanna Emunds

Das Café Del Fiore ist voll an diesem Donnerstagnachmittag. Ein Vater füttert sein Kind im Kinderwagen, an einem Ecktisch sitzt ein älteres Ehepaar, trinkt Aperol Spritz und tuschelt leise, lacht. Zwischen ihnen allen ein hoch aufgeschossener junger Mann. Die Haare sind zerzaust und fallen lässig über die Schultern, die dunkle Sonnenbrille verdeckt die Augen, aus dem Ausschnitt des aufgeknöpften Hemds schauen zwei Lederketten mit großen Anhängern hervor. Eine schwer beringte Hand hält eine Tasse Espresso. Florian Paul könnte auch als ein Starnberger Unternehmensberater mit Bad-Boy-Komplex durchgehen, dabei ist der gerade mal 24 Jahre alte Frontmann von Florian Paul und die Kapelle der letzten Hoffnung eigentlich aus dem Ruhrgebiet.

Nach München ist er, nach seiner Zeit beim Theater Total in Bochum, für ein Studium der Filmmusik an der Hochschule für Theater und Musik gekommen. Für den Aufnahmetest dort hat er sich zehn Monate lang vorbereitet, andere investieren dafür schon mal gut und gerne mehrere Jahre. Geklappt hat es trotzdem, und es ist eine Freundschaft mit dem Komponisten und Hochschullehrer Gerd Baumann daraus hervorgegangen. Mittlerweile ist Pauls Band unter Vertrag bei dessen Label Millaphon Records, wie vor ihnen schon Moop Mama oder Dreiviertelblut. Es läuft gut für ihn, und das merkt man ihm auch an.

Von Schwierigkeiten und Zukunftsängsten, die einen 24-Jährigen vielleicht sonst so quälen, keine Spur. Wieso auch? Anfang des Jahres erschien der Film "Unheimlich perfekte Freunde" im Kino, für den er die Musik komponierte, vor wenigen Wochen veröffentlichten er und seine Band dann ihr erstes Album "Dazwischen". Für das nächste Jahr ist dann ein Filmprojekt geplant: "Wir wollen eine neue Art von Musikfilm machen, die Lieder sollen als Teil der Geschichte funktionieren." Wenn er über diese Projekte spricht, zuckt ein kleines Lächeln um seine Lippen, wippen seine Beine, trommeln die Fingerspitzen unbestimmbare Rhythmen auf den Tisch. Da sitzt jemand, dem seine Arbeit Spaß macht, der aber auch nicht wirklich ohne sie kann.

Er fühle sich angekommen in München, die kulturelle Szene hier sei in den vergangenen vier Jahren sein Zuhause geworden. Was er meint, versteht man, als plötzlich der Regisseur Marcus H. Rosenmüller am Tisch steht. Er sei gerade beim Bäcker gewesen und - ach, nur mal kurz, er habe da so ein neues Projekt, da würde er Florian gerne an Bord holen. Es ist ein bisschen absurd alles, vielleicht auch surreal, besonders, wenn klar wird, dass Paul das so nie geplant hat. Aber vielleicht läuft auch deshalb alles so gut.

Wenn Florian Paul dann mal schweigt und kurz in die Ferne blickt, oder sich eine Zigarette anzündet, dann wirkt er auf einmal doch irgendwie nahbarer. Über sein Studium sagt er Dinge wie: "Am Anfang hatte ich oft Angst, dass plötzlich jemand merkt, dass ich's eigentlich nicht wirklich draufhabe", und da schimmert dann doch ein wenig Unsicherheit durch die gut gespielte Rolle des selbstsicheren Künstlers hindurch. Und auch in seinen Texten ist sie deutlich spürbar: Es geht um die vergangene Liebe, Enttäuschung und Zurückweisung, jede Begegnung ist irgendwie wichtig und hinterlässt ihre Spuren.

Manchmal ist das ein bisschen kitschig, wenn er in "Manchmal fürchte ich mich" zum Beispiel singt: "Manchmal fürcht ich mich, dass ich nie wirklich ehrlich verliebt war, außer in die Idee von Romantik oder in einen Kuss", aber für ihn ist das auch alles wahr. Dass das alles aus seinem eigenen Leben stammt, das gibt er ganz offen zu. Manchmal, sagt er, während sein Blick über den Gärtnerplatz schweift, würde er gerne über die wichtigen Dinge schreiben. Wer könne denn in der heutigen Zeit noch ernsthaft immer über verlorenen Liebe, Einsamkeit und Eifersucht singen und sich selbst nicht dafür verachten. "Es dreht sich immer nur um mich, manchmal nervt mich das schon."

Das ist auch so ein bisschen sein Problem, so ein Schwanken zwischen Selbstmitleid und Größenwahn, wie er es in seinem Song "Dazwischen" selbst nennt. Anderseits glaube er, dass das Persönliche ja doch auch seine Daseinsberechtigung habe, jeder existiere ja schließlich nur irgendwie in seiner eigenen kleinen Welt. Aber auch das sollte ja besungen werden.

Florian Paul und die Kapelle der letzten Hoffnung, Do., 8. August, 20.30 Uhr, Theatron

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