Süddeutsche Zeitung

Pop:Huizinga hilf

Bei Konzerten sieht man oft vor lauter Smartphones die Band nicht mehr. Polnische Fans von "The Cure" haben die Fitzel zu einem fantastischen Film vernäht.

Von Peter Richter

Johan Huizinga hin und alle anderen Mediävisten her: Die wirkliche Dauer des Mittelalters lässt sich inzwischen genauer datieren. Es begann 1980 in New York, es strotzte vor Ritterburgen, Streitäxten, Indianern, Drachen sowie geisteskranken Verstärkerleistungen; und es endete, jedenfalls für Berlin, am Mittwoch mit dem letzten Besuch der Gruppe "Manowar" vor dem Ruhestand. Was es nicht gab in diesem Mittelalter, waren Smartphones, deshalb wurden bei diesem Konzert auch kaum welche hoch gehalten. Das war, noch vor allem anderen, fast das rührendste an diesem wirklich heldenhaft anachronistischen Spektakel.

In der Regel sieht man ja heute die Band vor lauter Bildschirmchen nicht, und muss sich dann zu Hause auf Youtube anschauen, wie es war. Polnische Fans von "The Cure" (die Spät- und Hochmittelalten werden sich erinnern) haben jetzt einmal alle Filmfitzelchen zusammengenäht, die 2016 bei einem Konzert in Łodz aufgenommen worden waren, und das Ergebnis (zu sehen auf thecure.pl) ist vielleicht der beste Konzertfilm, der jemals gemacht wurde. Man war nicht nur dabei, man stand einmal überall.

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Quelle:
SZ vom 02.12.2017
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