Pop:Ganz er selbst

Als Künstler hat er viele Gesichter und Pseudonyme - sein neues Album "The One", das er in der Muffathalle vorstellt, aber hat er wieder als Sasha veröffentlicht und selbst produziert

Interview von Michael Zirnstein

Man entkommt Sascha Schmitz aus Soest derzeit kaum. Als Sasha charmiert er sich gerade durch alle möglichen TV-Shows und Preis-Galas. Dabei weiß man gar nicht, wo er im Geheimen überall mitmischt. Schließlich trat er auch schon als H.I.M. und Sir Prize auf, als Sasha Alexander gar in den USA, und schrieb als Nelson Rogers Filmmusik. Dass er der kanadische Rockabilly Dick Brave ist, der auf der Hochzeit von Pink rockte, weiß man längst. Jetzt ist wieder Zeit für ihn selbst: Sasha, den Sänger.

SZ: In Ihrer Vielseitigkeit erinnern Sie an Entertainer wie Peter Kraus, der auch Musik, Filme und Shows gemacht hat.

Sasha: Mit der alten Entertainer-Schule bin ich aufgewachsen. Peter Alexander und Peter Frankenfeld. Selbst Rudi Carrell, der ja nicht gut singen konnte, es aber getan hat, faszinierte mich. Die haben gute Shows gemacht, darin gesungen, getanzt, Sketche gespielt - das waren Vorbilder. Auch die Amerikaner, als ich irgendwann hörte, dass es ein "Rat Pack" gibt oder Leute wie Joey Bishop. Als ich dann die "Johnny Carson Show" sah, wusste ich auch, woher die das alle haben.

Xavier Naidoo hat Sie in seiner Fernsehsendung "Sing meinen Song - das Tauschkonzert" immer den Tausendsassa genannt. Konnten sie Ihre Talente da voll ausleben?

Absolut. In der musikalischen Vorbereitung hatten wir alle Freiheiten - solange man den Song bekommen hat, den man sich wünschte. Ich hatte beim Aussuchen schon eine gewisse Vision: Ah, den kann man super als Reggae machen, aus dem kann man eine John-Legend-Version machen . . . So etwas macht mir Spaß. Das habe ich der Arbeit an Dick Brave zu verdanken, weil da ging es ja auch darum: Welchen Song kann man zu einer coolen Rock'n'Roll-Nummer machen.

Sasha

Vorbild: die alte Entertainer-Schule. Sasha ist aufgewachsen mit Peter Alexander und Peter Frankenfeld und ließ sich vom "Rat Pack" begeistern.

(Foto: Muriel Liebmann)

Was sagen Sie zum schrecklichen Getöse um Xavier Naidoo und den Eurovision Song Contest?

Xavier ist einer meiner besten Freunde im Musik-Business. Natürlich bin ich deshalb befangen. Dafür kenne ich Xavier aber auch. Und zwar sehr viel besser, als viele, die sich jetzt berufen fühlen, eine Meinung zu äußern aufgrund von schlecht bis gar nicht recherchierten Copy-and-Paste- Schlagzeilen, die seit geraumer Zeit kursieren und in der aktuellen Hass-Kampagne gegen ihn ihren traurigen Höhepunkt gefunden haben. Sehr erschreckt hat mich, dass dem Social-Media-Mob eine für mich unverständlich große Wichtigkeit beigemessen wurde. Was mich am meisten erschüttert hat, war die Intensität des Hasses, der in keinerlei Verhältnis zum Ereignis stand. Zum Glück sehen viele Menschen das genauso, daher bin ich guter Dinge, dass so etwas in Zukunft nicht wieder passieren wird.

Würden Sie selber beim ESC antreten?

Die Frage musste ich mir selber schon ein, zwei Mal beantworten und habe beides Mal mit nein entschieden. Ich finde, der Song Contest sollte wieder Song Contest werden. Er sollte Newcomern eine Chance geben und wieder den Song mehr in den Vordergrund stellen, anstatt des Interpreten!

Welcher Kollege hat Ihre eigenen Songs beim Tauschkonzert am besten interpretiert?

Zwei haben mir extrem gut gefallen. Das war Sarah Connors Version von "I Feel Lonely", sehr speziell umgesetzt und sehr schön gesungen. Aber mindestens genauso gut hat mir "This Is My Time" von Roger Cicero gefallen.

"I Feel Lonely" haben Sie mal komödiantisch mit Ina Müller gesungen. Macht einen guten Song aus, dass er jede Gestalt annehmen kann?

Wir spielen "I Feel Lonely" im Konzert in einer 6/8-Grunge-Country-Version. "If You Believe" ist auch einer der Songs, die immer wieder gespielt werden müssen, den habe ich gefühlt schon hunderttausend Mal gesungen, auch in Amerika. Da nehme ich mir heraus, diese Nummern immer wieder zu entstauben, ich verliebe mich dann in sie neu. Wenn der Song genauso gut mit Akustik-Gitarre klingt wie mit Orchester, dann hat man eine gute Nummer.

Dabei hat Ihnen "If You Believe" anfangs gar nicht gefallen.

Ich fand den einfach seltsam, kitschig, ich wusste damit nichts anzufangen. Ich kam aber auch frisch aus einer Grunge-Band und habe einfach mal den Leuten vertraut, die das schon länger machten mit der Pop-Musik. Erst beim Einsingen im Studio merkte ich: Das bleibt einem im Kopf, das wächst so langsam, und genauso ist der Song dann zum Erfolg geworden. Der ging so dahin, und dann blieb der auf Platz 2 und 3 Ewigkeiten hocken und hat auch in anderen Ländern funktioniert. Das macht natürlich auch einen guten Song aus, wenn er sich allmählich ins Ohr bohrt und nicht sofort zündet und verpufft.

Ihr aktuelles Album "The One" haben Sie für Ihr Alter Ego Dick Brave geschrieben. Wieso wurde ein Sasha-Album daraus?

Bei Dick Brave war das Verhältnis bisher immer: 80 Prozent Cover-Songs, 20 Prozent eigene. Ich wollte das umdrehen und schauen, ob man bei Dick Brave nicht auch mehr Eigenes und moderner schreiben kann. Aber dann reichte mir das instrumentale Korsett bei Dick Brave nicht für die Songs, wie ich sie gerne gehört hätte. Ich bin eigentlich auf einem ganz anderen Dampfer gerade. Und da wusste ich: Ich muss da raus, ich will wieder ein Sasha-Album machen.

Waren Sie je auf den coolen Dick Brave neidisch, weil der hat ja zumindest von den Chart-Platzierungen her besser abgeschnitten als Sasha?

Dann müsste ich schon in eine längere Therapie gehen, wenn ich auf mich selber neidisch wäre. Außerdem gibt es keinen Grund dazu. Das erste Dick-Brave-Album war tatsächlich meine erste Nummer 1, aber bei allem anderen, auch den Verkaufszahlen, steht Dick noch hinter Sasha.

Sie haben in Ihrem Leben so viele Pseudonyme benutzt und sind in so viele Rollen geschlüpft. Sind Sie jetzt bei "The One" am meisten Sie selbst, oder ist Sasha auch eine Rolle?

Sasha war eigentlich noch nie eine Rolle. Ein Album ist immer Blaupause meiner momentanen Situation. Mit "The One" bin ich extrem happy: Ich habe zum ersten Mal ein Album selber produziert und war frei in meinen Entscheidungen, hatte zwar die ganze Verantwortung, habe die aber gar nicht so sehr gespürt und konnte genau das machen, was ich wollte. So würde ich es gerne jederzeit wiedermachen.

Sasha, Dienstag, 1. Dezember, 20 Uhr, Muffathalle, Zellstraße 4, 21 83 73 00

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