Pop:"Das Gute wird siegen"

Der Songwriter Axel Bosse liebt die Liebe und die Freiheit. Auf seinem neuen Album, das er in der Tonhalle vorstellt, wird er politischer denn je

Von Michael Zirnstein

Wenn der Satiriker Jan Böhmermann sich einen der neuen Deutschpop-Poeten vorknöpft, zittern die Herren Giesinger, Bendzko & Co. schon wegen der absehbaren Klatsche. Stichwort: "seelenlose Industriemusik", "unpolitisch und abwaschbar". Als Axel "Aki" Bosse auf dem Studiosofa der Show "ZDF Neo Royal" Platz nahm, grinste er nur, und das das ganze Interview lang. Er quatschte mit Böhmermann über Heimpflanzen, genau über die, inmitten derer er sich auf dem Cover seines aktuellen Albums "Alles ist jetzt" zeigt. Das Gespräch verlief umso lebhafter, je mehr "die Leute original eingeschlafen sind im Publikum". Sie hätten schon das Gefühl gehabt, "einen Hauch lächerlich zu sein", erinnert sich Bosse, aber als "Gartenfredis" seien sie in ihrer angeregten Unterhaltung über "Bienen, Wespen und Gräser" durchaus ehrlich gewesen.

Bosse

Nie klang Axel Bosse glücklicher als jetzt. Wenn er nicht auf der Bühne steht, gibt ihm die Natur Kraft.

(Foto: Verstärker Medienmarketing GmbH)

Wer kann sich heutzutage überhaupt noch einen Garten leisten? Obwohl Bosses jüngste Alben "Engtanz" und "Alles ist jetzt" auf Platz eins der deutschen Albumcharts landeten, könne er sich seine Parzelle auch nur leisten, weil er bereits vor Jahren mit seiner Frau, der Schriftstellerin Ayse Bosse, rausgezogen ist an den Hamburger Stadtrand. Ein vorausblickender Entschluss: "Denn je älter ich werde, umso mehr hole ich mir das Dorf zurück, die Natur, die Weite, meinetwegen die Gewässer tun mir gut, sonst würde ich den Job nicht überstehen", sagt der 38-Jährige, der auf dem Land bei Braunschweig aufwuchs. Mit 14 ging er schon als Bühnenhelfer mit Such A Surge aus seiner Nachbarschaft auf Tour - und lernte dabei nicht nur das Rockgeschäft, sondern auch deren Vorband, die Sportfreunde Stiller, kennen. Sie sind seitdem Freunde, Bosse machte ihnen den Support, als sie ein Heimspiel in der Olympiahalle gaben. Und er mischte mit, als sie das "Danke"-Open-Air für Flüchtlingshelfer 2015 am Königsplatz organisierten.

Bosse gehört zu den Guten, nicht weil er bei solchen Veranstaltung aus Kalkül auftritt, sondern weil man stets seinen inneren Drang spürt. Natürlich stellte er sich auch beim "Wir sind mehr"-Konzert in Chemnitz an die Rampe. "Das ist meine Pflicht als freiheitsliebender Mensch." Weil er wisse, "wie es mal um dieses Land stand", und weil er durch seine Frau erlebt hat, wie schwer es meinungsstarke Künstler in anderen Ländern wie der Türkei haben, müsse er persönlich "alles tun, die Demokratie zu schützen". Er zitierte schon 2005 auf seinem ersten Album "Kamikazeherz" die Alt-Punks Fehlfarben, aber wegen des aktuellen Rechtsrucks wurde er auf "Alles ist jetzt" erstmals wirklich deutlich in einzelnen Songs: "Hass kommt von sozialer Ungerechtigkeit / Vielleicht von fehlendem IQ / Aber das da ist einfach nur Nazi-Scheiß / Die allerschlimmste unmenschliche Wut", singt er in "Robert de Niro". Dabei ist der Kindskopf in Wirklichkeit eben nicht wie in dem Lied "im falschen Film und fehl am Platz". Nie klang der "Bundesvision Song Contest"-Sieger von 2013 glücklicher, angekommener als jetzt in Stücken wie "Augen zu, Musik an". In dem Zustand kennt man ihn auf der Bühne: So genießt er seit Jahren die eigenen Konzerte, genießt, feiert, hopst, als würde keiner zuschauen. Man kann sich jetzt schon darauf freuen, da er mit seinem Produzenten, dem Ex-Münchner Tobi Kuhn, den Sound in Richtung "Easy Listening" gestriegelt hat: "Ich will sexy sein. Das hatte ich noch nie. Und ich will Bongo spielen", sagt er. Bosse lässt man derlei gerne durchgehen, auch weil er wie kaum einer der Kollegen selbst die banalsten Gefühle so ehrlich hinausjubelt: "Das Gute wird siegen / Liebe kann Krav Maga / Und gewinnt am Ende jede Schlacht."

Bosse, Dienstag, 12. März, 20 Uhr, Tonhalle

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