Grauenhaft zerfieselt ist dieser Engel. Das Blut auf den Lippen geht fließend ins Make-up über, die Bandagen halten fleischige Wunden notdürftig zusammen. Eigentlich gehört er noch für Wochen in das Krankenhaus, aus dem er gerade geflohen ist. Und der Ich-Erzähler wohl besser auch: chemische Verbrennungen, die Haut schält sich vom Körper. Rekonvaleszenz wäre gut, ist aber schwierig. Engel sind verboten in der Dystopie, in der die Handlung von "Transangelic Exodus" (Bella Union/PIAS) spielt. Ezra Furman, bei dem sich Attribute wie "offen bisexuell" so schlecht vermeiden lassen, weil seine Sexualität seine Kunst zu sehr formt, schickt seinen Protagonisten und dessen geliebten Engel darin auf eine Mad-Max-artige "queer outlaw saga", deren weiteren Verlauf man schwer wiedergeben kann, ohne wie auf Drogen zu wirken. Egal. Die Schlachttrommeln und die wie von Säure angeätzten Beats, die überreizten Synthies und latent paranoiden Gitarren injizieren die Beklemmung direkt ins Nervenzentrum. Was alles nur dadurch noch großartiger wird, dass die Songs trotzdem größtenteils irre schön sind. Wer danach nicht fühlt, wie es sich im Jahr 2018 als Freak und Ausgestoßener, nein, schlimmer noch: als einfach "Anderer" im gespaltenen Amerika lebt, der möge seinen NRA-Ausweis bitte an der Kasse vorzeigen und bekommt dafür eine gebrauchte alte Kid-Rock-Platte.