Pop aus Schweden:Magischer Staub

Ob Britney Spears, Lady Gaga oder Katy Perry: Die Produzenten der erfolgreichsten Superstars der Musikindustrie kommen schon lange aus Schweden. Eine Erfolgsgeschichte in Bildern.

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Fans von Spears-Auftritt in Australien enttäuscht

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Ob Britney Spears, Lady Gaga oder Katy Perry: Die Produzenten der erfolgreichsten Superstars der Musikindustrie kommen schon lange aus Schweden. Eine Erfolgsgeschichte in Bildern.

Im Frühjahr 1998 steht ein scheues 16-jähriges Mädchen vor den Türen der Cheiron Studios in Stockholm. Ihr Name ist Britney Spears und sie will ein Star werden. Sie hat zwar keine Ahnung vom Songwriting, aber sie ist süß und aus ihrer Stimme kann man etwas herausholen. Die Cheiron Studio-Crew produziert die Hälfte der Songs von Britneys Debütalbum ... Baby One More Time, unter anderem mit der gleichnamigen Single, die überall in Europa und in den USA auf Platz Eins landet und Britney sofort zum Superstar macht.

Schweden hat Ende der 90er Jahre zum ersten Mal seit ABBA und Roxette in der weltweiten Musikindustrie wieder einen Global Player, nur dass das kaum jemand weiß. Die Stars sind Schwedens Musikproduzenten. Und die großen Popstars, die uns seit den Neunzigern mehr oder weniger begeistert haben, sind zum größten Teil Made in Sweden.

Text und Bildauswahl: Toni Lukic/sueddeutsche.de/kar

BACKSTREET BOYS NICK CARTER HOWIE DOROUGH BRIAN LITTRELL A.J. MCLEAN KEVIN RICHARDSON

Quelle: AP

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Ende des 20. Jahrhunderts entwickelt sich Schweden so zum Erfolgsgaranten der leichten, eingängigen Popmusik. Die Backstreet Boys (im Bild) und *NSYNC werden dank der Cheiron Crew zu den erfolgreichsten Boybands der 90er Jahre.

Für den kommerziellen Erfolg der Bands sind die Melodien der Schweden die entscheidende Zutat: Die großen Plattenfirmen wissen, wo sie Ohrwurmsound herbekommen. In dieser Zeit gelten die Cheiron Studios als Diamantenmine der weltweiten Popindustrie - und sie werden nicht die einzigen Schweden bleiben, über die man das sagen kann. Aber der Reihe nach.

Ihren Anfang nimmt die Erfolgsgeschichte des neuen Schwedenpops ...

Dr. Alban

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... Anfang der 90er Jahre.

Damals gründet der schwedische DJ Denniz PoP ein Musikstudio im Stockholmer Kungsholmen. Denniz PoP hat in seinen Produktionen nur eine Grundregel: Nichts ist wichtiger als die Melodie. Der Text ist egal, die Stimme nur zweitrangig, entscheidend ist, dass man den Song nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Nach diesem Grundsatz bastelt er die Songs It's My Life von Dr. Alban (im Bild) und All That She Wants von Ace of Base, die international auf Platz Eins der Charts landen.

Doch sein persönlicher Erfolg ist nur von kurzer Dauer:

Max Martin

Quelle: Kia Naddermier

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Im Sommer 1998 stirbt Denniz PoP an Prostatakrebs - und mit ihm das Herz der Cheiron Studios und der Begründer des neuen Mainstream-Pops. Sein Zögling Max Martin (Foto) übernimmt die Leitung. Und das sehr erfolgreich: Für die unglaubliche Karriere von Backstreet Boys, *NSYNC und Britney ist maßgeblich er verantwortlich.

Viele versuchen Anfang des Jahrtausends den Max Martin-Sound zu kopieren, doch niemand scheint seine Formel aus Hooklines, Bridges und Akkorden entschlüsseln zu können. Lois Walsh, der Manager der Boybands Westlife und Boyzone fasst es so zusammen: "Max hat diesen magischen Staub, den er über die Songs streut. Seine Songs sind weltweite Pop-Monster."

Doch das Erfolgsgeheimnis von Max Martin lag nicht nur darin, Pop-Monster kreiieren zu können - sondern auch darin, sich vom reinen Pop verabschieden zu können:

Singer Katy Perry performs 'Teenage Dream' at the 53rd annual Grammy Awards in Los Angeles

Quelle: REUTERS

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Nachdem der Teen-Pop Anfang des Jahrtausends als Massenfänger ausgedient hat, konzentriert sich Martin auf Rockkünstler und produziert Stars wie Kelly Clarkson, Pink, Avril Lavigne, Kesha oder Katy Perry (im Bild). Die Verpackung ist nun nicht mehr aus Plastik sondern aus Leder, am Konzept hat sich aber nichts geändert. Die Melodie steht über allem, die Lyrics bleiben profan und wer die Lieder einträllert, ist eigentlich egal. Martin produziert in seinem Studio in Stockholm "Sounds on Stock", also Hits wie vom Fließband vorgefertigt, und verteilt sie dann an die Künstler.

Das Standing des Max Martin in der Popwelt ist enorm. Im November 2010 zum Beispiel stehen vier von ihm produzierte Songs in den Top Ten der US-Amerikanischen Charts, seit den Beatles hatte das keiner mehr geschafft.

Andreas Carlsson

Quelle: Neil Zlozower

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Dennoch sind es nicht nur Max Martin oder sein Mentor Denniz PoP, die den neuen Schwedenpop in die Welt tragen. Songwriter wie Andreas Carlsson (im Bild), Kristian Lundin, Per Magnusson, Peer Aström, Rami Yacoub, Shellback oder Bloodshy & Avant produzieren auch in den Folgejahren international erfolgreiche Acts wie Celine Dion, Westlife, Madonna, Kylie Minogue, Enrique Iglesias, Bon Jovi oder Leona Lewis. Der Produzent, der vielleicht Max Martins Thron des Pop-Königs ablösen könnte,...

Lady Gaga steps out of a translucent egg to perform her new song 'Born This Way' at the 53rd annual Grammy Awards in Los Angeles

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... ist zweifelsohne Nadir Khayat, bekannter unter dem Producer-Namen RedOne. Der Schwede marokkanischer Abstammung hat das Phänomen Lady Gaga erfunden. Alle Monsterhits von Just Dance, Pokerface über Bad Romance und Alejandro stammen aus seiner Feder. RedOne hat eine Musik geschaffen, ...

2011 MusiCares Person Of The Year Tribute To Barbra Streisand - Arrivals

Quelle: AFP

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... die es so vorher nicht gab: eine hybride Form von Synthesizern, massenkompatiblen Schweden-Hooklines und gleichzeitig in der Discoszene akzeptierten Klubhymnen. Derzeit ist er einer der gefragtesten Songwriter und arbeitet auch mit Jennifer Lopez und Nicole Scherzinger zusammen. Den einzigartigen Sound, den RedOne erschuf konnte er nur aus einem Land wie Schweden importieren.

Der Schweden-Sound hat seinen Ursprung weit vor Roxette und ABBA in der schwedischen Volksmusik. Diese geht auf einen sehr melodischen Klang zurück und wurde von Einflüssen wie Bach oder Händel geprägt. Die Melodie bot den Nährboden ...

ABBA

Quelle: AP

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... für Benny Andersson und Björn Ulvaeus, die aus diesem Klang das Pop-Wunder ABBA schufen. ABBAs weltweiter Erfolg war Grundlage und Inspiration für andere erfolgreiche schwedische Künstler wie Roxette, Europe, die A-Teens aber auch die schwedischen Musikproduzenten, wie Denniz PoP und Max Martin.

Doch bei allem Erfolg der schwedischen Musikindustrie konnte sich ihr Pop-Sound nie vollends in Amerika durchsetzen. Während ABBA Europa und der restlichen Welt zahllose Ohrwürmer einpflanzten, konnte nur Dancing Queen die Spitze der US-Charts erklimmen. Europop wurde und wird teilweise immer noch in Amerika als billige Kindermusik verpönt.

N Sync mit dem deutschen Medienpreis "Bambi", 1997

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Auch Boybands wie die Backstreet Boys und *NSYNC (im Bild) feierten ihre größten Erfolge in Deutschland. Erst seit Kurzem hat nun auch die amerikanische Musikindustrie den typisch schwedischen Sound für sich entdeckt.

Amerikanische Künstler wie Rihanna, Akon oder die Black Eyed Peas reißen sich darum, mit europäischen Produzenten und House DJs wie dem Franzosen David Guetta oder den Norwegern von Stargate, die ebenso wie der Schwedenpop auf die Macht der Melodie setzen, zusammenzuarbeiten. Es ist bezeichnend, wenn ein Pharell Williams, der als Godfather des minimalistischen Rhytmussounds gilt, für ein Feature bei ...

2010 American Music Awards - Show

Quelle: AFP

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... der stets pompös auftretenden Swedish House Mafia anfragt.

Nicht erst seit ihrem Megahit One gelten die drei Jungs der Swedish House Mafia als einer der Vorreiter der DJ/Producer/Songwriter-Riege. Axwell, Steve Angello und Sebastian Ingrosso produzierten schon Features und Remixes für Usher, Madonna und Kylie Minogue.

Tim Bergling

Quelle: avicii.com

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Aber auch andere schwedische DJ-Produzenten wie Tim Bergling alias Avicii (im Bild), Adrian Lux, Ida Engberg und Eric Prydz (mit seinem Superhit Call On Me) feierten große Erfolge in den internationalen Hitparaden, eigentlich unüblich für Clubhymnen. Ihr Sound ist schwedisch-melodisch und setzt nicht nur auf Beats - damit ist er auch für die Charts mainstreamkompatibel.

Den letzten Zweifel an der schwedischen Vormachtstellung im internationalen Pop haben übrigens kürzlich zwei Studenten der University of Pennsylvania zerstreut: Joel Waldfogel und Fernando Ferreira untersuchten jeden einzelnen Song in den Charts von 22 Staaten zwischen 1960 und 2007. Sie kamen zu dem Schluss: Gemessen am Bruttoinlandsprodukt sind die Schweden vor den Briten und Amerikanern die Weltmeister der Popmusik.

© Toni Lukic
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